nd-aktuell.de / 10.03.2010 / Politik / Seite 15

Musik für inhaftierte NATO-Gegner

CD-Sampler erinnert an Gipfelproteste

Carsten Ondreka
Mit einer Doppel-CD unterstützen Solidaritätsgruppen die Antirepressionsarbeit nach den Protesten gegen den NATO-Gipfel 2009 in Straßburg.

Menschen aus Berlin, Dresden und Rostock koordinieren gemeinsam mit Aktivisten aus dem Badischen die Informations- und Öffentlichkeitsarbeit zur staatlichen Verfolgung der Kriegsgegner, die in den Tagen des NATO-Gipfels im April vergangenen Jahres in Straßburg verhaftet wurden. Mehrere der damals Inhaftierten sind zu mehrmonatigen Haftstrafen verurteilt worden. Noch immer sitzen drei Antimilitaristen in Haft. Einige der Gerichtsverfahren sind noch nicht abgeschlossen. Beobachter empfanden die Prozesse als eine »auf Abschreckung angelegte Machtdemonstration«. Teilweise sind Entlastungszeugen nicht zugelassen und entlastende Fakten einfach ignoriert worden. Bereits im Vorfeld der ersten Verhandlungen hatte der französische Präsident Nicolas Sarkozy angekündigt, ein Exempel statuieren zu wollen.

Die Doppel-CD mit dem Titel »Solidarity is a ... – benefit compilation for the strasbourg prisoners« will einen Beitrag zur Aufarbeitung der Folgen der Repression leisten. Neben einer spannenden internationalen Mischung von szenebekannten HipHop-, Folk-, Dancehall-, Ska- und Punkbands wie Guts Pie Earshot, Irie Revoltes, Across the Border und Yok finden sich, vor allem auf der zweiten CD, auch viele unbekannte Bands, die im Rahmen der Mobilisierung und Unterstützung der Proteste Konzerte gaben.

Do it Yourself-Kultur

Die Soli-CD stellt ein Bindeglied zwischen der Szene und den inhaftierten Aktivisten dar. Im 36 Seiten starken Booklet kommen neben der herausgebenden Gruppe allein die in Straßburg inhaftierten Gefangenen zu Wort. Einer ihrer Beiträge verweist auf die Notwendigkeit, eine Brücke zwischen politischem Aktivismus und Subkultur bzw. die Kulturgeschichte des DIY (Do it Yourself) zu schlagen. DIY ist für die Straßburger Gefangenen ein Baustein, »um eine Gegenhegemonie aufzubauen, ein Versuch, sich der Disziplinierung der kapitalistischen Verwertungs- und Verwurstungsmaschinerie zu entziehen. Nur eine Linke, die es schafft, ihre theoretischen Gebäude mit Leben, Liebe, Lust und (Gegen-)Kultur auszugestalten und für Veränderungen offen zu bleiben, wird auch eine Zukunft haben.« Das Propagieren einer eigenverantwortlichen Kultur des Musik-Selber-Machens und der selbstorganisierten Konzerte ist seit Jahrzehnten ein Baustein des Widerstands gegen politische Missstände und den Einheitsbrei der Kommerzkultur.

In dem Beiheft befinden sich darüber hinaus politische Statements und persönliche Texte über den Gefängnisalltag und die freudigen Reaktionen auf die Solidarität von draußen. Trotz der Fülle an Informationen ist das Heft sehr leserlich und fast schon puristisch gestaltet. Auf dem Cover befindet sich nur eine stilisierte Handsäge, die mit dem CD-Titel korrespondiert. Vor allem aber bleibt zu hoffen, dass der Sampler reißenden Absatz in Infoläden und über andere alternative Verbreitungswege findet. Der Gewinn, der beim Verkauf der CD erzielt wird, fließt vollständig in Antirepressions- und Knastarbeit, die im Zusammenhang mit dem NATO-Gipfel geleistet wurde und auch weiter notwendig sein wird.

Solidarity is a ... – benefit compilation for the strasbourg prisoners, Doppel-CD, 12 €. Bestellungen über E-Mail: soli-cd@riseup.net[1]
solidarity.blogsport.de

Links:

  1. soli-cd@riseup.net