nd-aktuell.de / 11.03.2010 / Politik / Seite 4

Hanna Poddig kettet sich für den Frieden an Bahnschienen und blockiert Atomtransporte

Schöner Leben

Foto: Uthleb
Foto: Uthleb

Die junge Frau saß nicht das erste Mal vor Gericht: Ihr Einsatz für eine bessere Welt bringt die 24-jährige Berlinerin Hanna Poddig stets an den Grenzbereich von Gesetzesüberschreitungen. Sie engagiert sich seit ihrer Kindheit für Frieden und Abrüstung und für die Umwelt. Auf Demos mit ihren Eltern wurde sie entsprechend sensibilisiert.

Das Landgericht in Flensburg verurteilte sie gestern, weil sie sich im Februar 2008 an Schienen kettete, um einen Militärtransport im Kreis Nordfriesland aufzuhalten. In dem Zivilprozess verlangte die Bahn 14 000 Euro Schadenersatz. Die Antimilitaristin Poddig wirft der Bahn vor, als logistischer Dienstleister mit der Bundeswehr zu kooperieren und erklärte schon vor Prozessbeginn: »Die Bahn sieht kein Geld von mir!« Das Gericht erkannte den Anspruch der Bahn prinzipiell an, die Höhe soll schriftlich mitgeteilt werden. Poddig will dagegen vors Schleswiger Oberlandesgericht ziehen.

Bei Robin Wood war sie für zwei Jahre im Vorstand und zwischen 2002 und 2007 unter anderem gegen Atommülltransporte im Einsatz. Sie lebt vegan, bekennt sich dazu, immer mal wieder zu »containern«, sprich bei Supermärkten weggeworfene, aber noch verwertbare Ware einzusammeln. In einem Buch verfasste sie ihre persönliche Handlungsanleitung zum »anders sein« und wurde dadurch auch für TV-Sender ein interessanter Talkgast. Dort muss sie dann erklären, warum sie direkt, anarchistisch und radikal für eine herrschaftsfreie Welt eintritt. Doch viel lieber lässt sie Taten statt Worte sprechen. Sie baut sich vor Handyläden auf, weil das vor allem in Mobiltelefonen vorhandene Coltan ein begehrter Rohstoff ist, für den im fernen Kongo sogar Blut fließt. Vor Schnellrestaurants klärt sie über Massentierhaltung auf. Am Brandenburger Tor brachte sie 2006 ein Banner mit der Aufschrift »Kohle killt Klima« an.

Ihre gelebte Überzeugung ist ein ehrliches Plädoyer, sich einzumischen, nicht vor Ungerechtigkeiten zu resignieren. Sie setzt Lachen und Spontaneität politisch sinnlosen Beschlüssen genauso entgegen wie Polizeigriffen. Sie setzt mit Malkreide, Konfetti und Luftballons auf Gewaltlosigkeit, auch wenn das Instrumentarium der Ordnungskräfte nicht selten aus Knüppeln, Pfefferspray und Wasserwerfern besteht. Dieter Hanisch