nd-aktuell.de / 12.03.2010 / Politik / Seite 7

Fristverlängerung für Chefermittler

Aufklärung im Fall der meuternden Grenzgarde Bangladeschs noch immer mangelhaft

Thomas Berger
Das nationale Trauma ist noch immer nicht überwunden: Am 25./26. Februar 2009 kam es in Bangladesch zur Meuterei der Grenztruppen (BDR) gegen ihre Offiziere. Die meisten Offiziere wurden bei dem 33-stündigen Aufstand getötet. Der Abschluss der Ermittlungsarbeiten zieht sich hin.

Bis zum 21. April hat Special Superintendent Abdul Kahar Akand jetzt Zeit, seinen Abschlussbericht zu vollenden. Eigentlich hätte der Polizeioffizier, Ermittlungsleiter für die zentrale Strafverfolgungsbehörde CID, seine Ergebnisse schon am Mittwoch vorstellen müssen. Warum er mehr Zeit braucht, wurde zunächst nicht bekannt, das Gericht räumte ihm jedenfalls diese Fristverlängerung ein. Umfangreich sind die Ermittlungen in jedem Fall, das belegen schon einige nackte Zahlen. So will das CID nach eigener Aussage 8000 Belastungszeugen haben, die in den Prozessen gehört werden können. Etwa 700 Angehörige sollen unmittelbar und schwerwiegend in den Aufstand verstrickt gewesen sein. Insgesamt befinden sich sogar über 2000 Personen in Untersuchungshaft.

Unter jenen 2247 Verhafteten, von denen nur ganz wenige bisher wieder auf freien Fuß kamen, sind neben den zahlreichen Soldaten und niederen Offiziersrängen auch einige Zivilisten, die als Mitwisser oder aktive Unterstützer in die Meuterei verwickelt gewesen sein sollen. Darunter sind ranghohe Politiker aus den Reihen der beiden dominierenden Parteien. Dabei hatten sich sowohl die regierende liberale Awami-Liga (AL) von Premierministerin Sheikh Hasina Wajed als auch Oppositionschefin Khaleda Zia mit ihrer rechtskonservativen BNP (Bangladesh Nationalist Party) vor einem Jahr in der Verurteilung der Aktion gegenseitig überboten.

Vom Schock, der die ganze Nation angesichts der tragischen Ereignisse erfasst hatte, hat sich Bangladesch bis heute nicht völlig erholt. Das »Fußvolk« der Grenztruppen hatte sich in deren Hauptquartier Pilqana in Dhaka überraschend gegen die kommandierenden Offiziere erhoben, die ihrerseits traditionell von der regulären Armee gestellt werden. Die Meuternden forderten eine Gleichstellung ihrer paramilitärischen Truppe mit den normalen Soldaten hinsichtlich Besoldung und verschiedener Rechte. Außerdem wurden Generalmajor Shakil Ahmed, der ebenso wie seine Frau schon am 25. Februar getötet worden war, und anderen korrupte Verhaltensweisen vorgehalten. Ob sich der General tatsächlich aus einem BDR-Wohlfahrtsfonds für Arme privat bedient hat, darüber liegen zumindest öffentlich noch keine Ermittlungsergebnisse vor.

Dass die Meuterer sich nach anderthalb Tagen ergeben hatten, lag nicht nur an den aufgefahrenen Panzern der Armee, sondern auch an den mit der Politik erzielten Absprachen. Dazu gehören eine Amnestie oder bestenfalls geringe Strafen für jene, die zwar am Aufstand beteiligt waren, aber kein Blut an ihren Händen haben. Wer direkt in die Morde an den Offizieren verwickelt war, bekommt in den anlaufenden Prozessen vor sechs eigens eingerichteten Sondergerichten aber das verschärfte Militärstrafrecht zu spüren, das auch die Todesstrafe vorsieht.

Mindestens 74 Tote hatte es vor einem Jahr gegeben, 57 davon waren Offiziere. Die endgültige Bestimmung der Opferzahl steht noch immer aus. Mehrere Personen gelten nach wie vor als vermisst, wobei die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass es sich um bisher erfolgreich untergetauchte Meuterer handelt statt um Tote, die irgendwo verscharrt liegen. Die meisten der Opfer waren schon Anfang März 2009 aus Massengräbern geborgen und beerdigt worden.

Dass die jetzt in Untersuchungshaft Sitzenden ein fairer Prozess erwartet, wurde insbesondere von Menschenrechtsgruppen bereits bezweifelt. Das Rachegeschrei aus Teilen von Bevölkerung und Politik ist groß. Vernünftige Stimmen haben es schwer, dagegen anzukommen.