nd-aktuell.de / 19.03.2010 / Politik / Seite 10

Krema- oder Moratorium?

Im Tarifkonflikt bei der Coca Cola-Erfrischungsgetränke AG (CCE) rückt die Stunde der Wahrheit näher. Bis Ende nächster Woche wird sich zeigen, ob noch Bewegung in die seit Monaten festgefahrenen Fronten zwischen Konzernspitze und Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) kommt oder ab dem 1. April eine Streikwelle und ein Überstundenboykott die Produktion lahmlegen.

Sorgen machen den rund 11 000 Beschäftigten Medienberichte, wonach die Konzernleitung vier deutsche Produktionsanlagen und 20 Vertriebsstandorte aufgeben möchte. Ebenso fürchten Betriebsräte die Auslagerung ganzer Abteilungen, mehr Leiharbeit, mehr flexible Arbeitszeiten und Wochenendarbeit für die verbliebenen Stammbelegschaften. Dabei führt die CCEAG nach wie vor satte Gewinne an die Zentrale in Atlanta (USA) ab. Die Beschäftigten haben viel zu verlieren. 2006 konnten sie – damals kurz vor dem Anpfiff der Fußball-WM – der Konzernleitung mit der Androhung spektakulärer Aktionen vor und in den Stadien Zugeständnisse abringen: Mit Warnstreiks und Überstundenboykott erreichten sie eine faktische Beschäftigungssicherung. So wurde vereinbart, dass »die Kündigung von NGG-Mitgliedern nur mit Zustimmung durch die NGG erfolgen kann«. Ebenso geht es jetzt um den fortgesetzten Rechtsanspruch auf Ausscheiden durch Altersteilzeit ab dem 59. Lebensjahr.

»Wir lassen uns nicht zur Schlachtbank führen«, droht die NGG-Spitze. Anders als vor vier Jahren hat sie allerdings freiwillig ein »Moratorium« abgeschlossen und sich darin zum Verzicht auf Arbeitskampfmaßnahmen bis Ende März verpflichtet. Dabei haben gerade auch in schwierigen Phasen Gewerkschaften immer wieder durch Warnstreiks Bewegung in die Verhandlungen gebracht und Zumutungen abgewehrt.

»Aus dem Moratorium darf kein Krematorium werden«, warnt ein engagiertes NGG-Mitglied aus der Branche und hofft, dass die NGG-Verhandlungsführung fest bleibt und sich einer Stilllegung von Standorten und anderen Verschlechterungen hartnäckig widersetzen wird. In zehn Tagen dürfte klar sein, ob es bei der CCEAG ein faules Osterei oder ein heißes Frühjahr gibt. Richard Färber