nd-aktuell.de / 27.03.2010 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 8

Medikament-Nutzen soll geprüft werden

Koalition einigt sich auf Arznei-Sparpaket

Die Krankenkassen sollen dank schwarz-gelber Koalitionspläne zwei Milliarden Euro jährlich sparen.

Berlin (epd/ND). Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) und die Fachpolitiker der Koalition haben sich auf ein Arzneimittel-Sparpaket verständigt. Er wolle eine hochwertige Versorgung bezahlbar halten, sagte Rösler bei der Vorstellung der Eckpunkte am Freitag in Berlin. Dazu muss die Industrie Nutzengutachten erstellen für neue Medikamente. Danach entscheidet sich der Preis, den Krankenkassen erstatten müssen. Bisher können die Hersteller Preise für neue Arzneien frei festlegen.

Außerdem werden die Rabattverhandlungen zwischen Kassen und Pharmaherstellern beschleunigt und verbindlich gemacht. Einigen sich diese nicht, legt eine unabhängige Schiedsstelle den Preis fest. Kurzfristig sollen die Kosten über einen Preisstopp bis 2013 und die Erhöhung der Herstellerrabatte für die Krankenkassen von 6 auf 16 Prozent gedämpft werden.

Rösler sagte, spätestens zum kommenden Jahr könnten die Krankenkassen mit Einsparungen von knapp 1,5 Milliarden Euro rechnen. Langfristig würden pro Jahr über zwei Milliarden Euro gespart. Rösler sprach vom bisher weitreichendsten Vorstoß, die Medikamentenpreise in den Griff zu bekommen: »So weit ist noch kein Minister gekommen«, sagte er. Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn (CDU), sagte, es komme einer »revolutionären Entscheidung« gleich, dass ausgerechnet eine bürgerliche Koalition der Pharmaindustrie einen »Solidarbeitrag« abverlange.

Künftig muss die Industrie dem Gemeinsamen Bundesausschuss von Ärzten, Kliniken und Krankenkassen und dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) nach der Zulassung Dossiers zu ihren Neuerungen vorlegen. Erkennen diese einen Zusatznutzen, kann das Unternehmen einen Preis bestimmen. Binnen eines Jahres erfolgen Preissenkungen aufgrund von Rabattverhandlungen mit den Kassen. Für Medikamente ohne Zusatznutzen gilt die Festbetragsregelung für die jeweilige Arzneimittelgruppe.

Die Krankenkassen begrüßten die Vorschläge. »Preisverhandlungen in Verbindung mit einer vernünftigen Nutzenbewertung sind der Schlüssel, um bei neuen Medikamenten überhöhte Preise zu verhindern«, erklärte die Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Doris Pfeiffer.

Der Verband forschender Arzneimittelhersteller sprach von »Gift für den Standort Deutschland«. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach kritisierte, die Vorschläge gingen zu Lasten der Patienten und senkten die Kosten nicht.