Neue Heimat für Wisente

Auswilderungsprojekt im nordrhein-westfälischen Rothaargebirge gestartet

  • Benjamin Haerdle
  • Lesedauer: 2 Min.
Das Rothaargebirge in Nordrhein-Westfalen soll Heimat für Europas schwerstes Landsäugetier werden. Bis zu einer Tonne schwer sind die Wisente, die künftig durch mehr als 4000 Hektar Wald im Landkreis Siegen-Wittgenstein ziehen sollen.

Acht Wisente hat der Trägerverein »Wisent-Wildnis-Kooperation« Ende März in einem Auswilderungsgehege aussetzen lassen. In dem von der Öffentlichkeit abgetrennten 80 Hektar großen Gehege sollen sich die Zotteltiere langsam in ihrer neuen Umgebung einleben. Die Tiere stammen aus verschiedenen Zoos und Tiergärten in Deutschland und sind an Menschen gewöhnt. »Sie müssen erst wieder ihre natürliche Scheu lernen und eine soziale Ordnung aufbauen«, sagt Uwe Lindner, Mitarbeiter des Wisent-Projekts. »Frühestens zu Beginn des Winters im kommenden Jahr kann die Wisentherde endgültig in Freiheit gesetzt werden«, hofft der Biologe.

In Deutschland sind die Wisente seit mehr als 350 Jahren in freier Wildbahn ausgestorben. Wer die Schwergewichte noch in der Natur erleben will, muss nach Ostpolen, Weißrussland oder Russland fahren. Insgesamt gibt es in Europa noch schätzungsweise 3800 Exemplare des Europäischen Bisons. Für Uwe Riecken vom Bundesamt für Naturschutz, ist das Projekt ein wichtiger Beitrag zur Erhalt einer gefährdeten Tierart. »Es gibt eine große europäische Verantwortung für das Wisent. Mit Blick auf den Artenschutz wäre eine Wiederansiedlung wichtig«, sagt der Artenschutzexperte. 690 000 Euro lässt sich das Bundesumweltministerium das Projekt kosten, dazu kommen noch einmal 500 000 Euro vom Land Nordrhein-Westfalen sowie Geld von drei Stiftungen. Bund und Land investieren vor allem in das wissenschaftliche Begleitprogramm. »Wir wollen wissen, welche Einflüsse das Wisent auf Wälder und Wiesen im Untersuchungsgebiet hat«, sagt Riecken.

Klaudia Witte ist Verhaltensökologin der Universität Siegen und will in einem Teilprojekt unter anderem herausfinden, wie die Tiere ihren neuen Lebensraum nutzen und verändern. »Wisente sind Landschaftsarchitekten. Sie können die Landschaft prägen«, sagt sie. Die Wildrinder vertragen im Unterschied zu Rehen und Hirschen einen höheren Holzanteil und verzehren deswegen neben Gräsern und Kräutern auch gerne Schösslinge und junge Triebe.

Doch nicht jeder hat an den Waldbewohnern seine Freude. Weil im benachbarten Hochsauerlandkreis Land- und Forstwirte um ihr Getreide und ihre Wälder bangten und Tourismusvertreter Angriffe der Wisente auf Spaziergänger fürchteten, soll ein elektronischer Zaun die Herde daran hindern, den Nachbarkreis zu betreten. Dafür ließ der Verein im Norden des Wisenthabitats auf 16 Kilometer Länge ein Hochspannungskabel im Boden verlegen. Nähern sich die mit einem Halsband ausgestatteten Tiere der Grenze, wird ein elektronischer Impuls ausgelöst, so dass die Tiere zurückweichen.

Sollte das Auswilderungsprojekt im Rothaargebirge gelingen, können Wisente auch bald in anderen Regionen Deutschlands wieder heimisch werden.

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