nd-aktuell.de / 30.03.2010 / Politik / Seite 4

Ijad Allawi - der Chef vom irakischen Wahlsieger Al-Irakija soll Premier werden

Zweiter Versuch

Roland Etzel

Er soll nun zum zweiten Mal eine irakische Regierung bilden. Das ist zunächst ein gutes Zeichen, denn Ijad Allawi repräsentiert Al-Irakija, die einzige betont säkulare Liste, die mit 91 von 325 Sitzen knapp vorn liegt. In einem Land wie Irak mit einer (islamisch-)schiitischen Mehrheit (60 Prozent), aber auch einer starken Minderheit (36 Prozent islamische Sunniten, dazu drei Prozent Christen) kann es integrierend wirken, wenn der Ministerpräsident, obwohl Schiit, keiner explizit religiös ausgerichteten Partei angehört. Allerdings hat er dies in seiner ersten Amtszeit von Juni 2004 bis Mai 2005 kaum unter Beweis gestellt; vielleicht auch nicht gekonnt, denn ein reichliches Jahr nach der US-Invasion war die erste Bagdader Administration unter Allawi nicht mehr als ein Marionettenkabinett zur Beruhigung der US-kritischen Weltöffentlichkeit.

Politische Ambitionen hatte der heute 64-jährige Allawi schon frühzeitig. Obwohl der Sohn einer reichen Kaufmannsfamilie in seiner Geburtsstadt Bagdad Medizin studierte, engagierte er sich in politischen Zirkeln in einer von ständigen Umbrüchen diktierten Zeit. Zwischen 1958 und 1968 erlebte Irak mehrere blutige Umstürze.

1970 ging Allawi nach Großbritannien, in erster Linie, um zu promovieren, aber wohl auch, weil er sich mit der regierenden Baath-Partei, der er bis dato angehörte, überworfen hatte, was lebensgefährlich hätte werden können. Das wurde es dann aber auch in London, als dort 1978 ein Mordanschlag auf ihn verübt wurde. Allawi beschuldigte die irakische Regierung der Täterschaft, was er nicht beweisen konnte, aber immerhin nahelag, denn er hatte inzwischen mit anderen irakischen Flüchtlingen eine Exilpartei gegründet. Seit jener Zeit hat Allawi enge Kontakte zu britischen und US-amerikanischen Geheimdiensten. Das Pentagon ging also kein Risiko ein, als es ihn zum Übergangspremier einsetzte.

Doch ist es nicht einmal das, was an Allawis integrativen Kräften zweifeln lässt. Allawi soll 2004 in einer Polizeistation eigenhändig sechs gefangene Aufständische erschossen haben, um vor seinen Sicherheitskräften »Führungsstärke« zu zeigen. Nicht gerade eine Empfehlung für die kommenden Koalitionsverhandlungen.