nd-aktuell.de / 14.04.2010 / Politik / Seite 11

Teurer Schild-Bürgerstreich

Kommunen kritisieren Verkehrszeichen-Tausch, der Minister lenkt ein

Die Kommunen wollen den Millionenaufwand für den vorgesehenen Austausch älterer, aber noch brauchbarer Verkehrszeichen sparen und das Geld stattdessen in die Reparatur von Schlaglöchern stecken. Die gesetzlich vorgeschriebene Auswechselung unmoderner Schilder koste zwischen 200 und 400 Millionen Euro, erklärte der Deutsche Städte- und Gemeindebund am Montag. Gestern nun lenkte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) ein: Für den Austausch soll es eine Übergangszeit geben.

Berlin (dpa/ND). Entwarnung für die Kommunen: Alte Verkehrszeichen sollen vorerst doch gültig bleiben. Das sagt zumindest Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU). Für den Austausch der älteren durch moderne Schilder soll es eine Übergangszeit geben, kündigte Ram-sauer am Dienstag in Berlin an. Er regierte damit auf scharfe Kritik der Kommunen, die hohe Umstellungskosten fürchten. Zwischen den alten und den neuen Schildern gibt es zum Teil nur minimale Unterschiede.

Ressortchef drängt

Ramsauer will heute bei der Verkehrsministerkonferenz in Bremen mit seinen Länderkollegen über die nötigen rechtlichen Änderungen sprechen. »Das muss jetzt schnellstmöglich gehen«, sagte der Verkehrsminister. Seit September 2009 gilt eine Änderung der Straßenverkehrsordnung. Danach hätten die unmodern gewordenen Schilder ohne weitere Übergangszeit durch ihre schon seit Jahren entworfenen Nachfolger ersetzt werden müssen. Jahrelang hatten sie nebeneinander existiert.

Rechtliche Probleme durch die Fortsetzung des Nebeneinanders von alten und neuen Schildern sieht Ramsauer nicht. Gerichte hätten Einwänden gegen Bußgeldbescheide nicht stattgegeben, wenn darin die Gültigkeit der alten Schilder angezweifelt wurde.

Gemeindebund-Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg hatte am Montag in Berlin verlangt, der Bund müsse den geplanten »Straßenschild-Bürgerstreich« sofort aufheben. Auch die FDP forderte den Verzicht auf den noch von Ex-Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) veranlassten Austausch. Der Gemeindebund will stattdessen ein Bund-Länder-Sonderprogramm zur Sanierung kommunaler Straßen. Dort habe der harte Winter Schäden von 2,3 Milliarden Euro hinterlassen, sagte Landsberg. Ein von Ramsauer angekündigter Mehrbetrag von 100 Millionen Euro werde bei Weitem nicht ausreichen. Deutschlandweit gibt es laut Gemeindebund 20 Millionen Verkehrsschilder mit mehr als 600 verschiedenen Zeichen. Bei Kosten je Schild von 100 Euro bedeute der Austausch von nur 10 Prozent einen Aufwand für die Kommunen von 200 Millionen. Mit dem Doppelten sei aber zu rechnen, so die Experten. Zumal laut Gesetz nun alles plötzlich geschehen sollte, denn die Möglichkeit, ältere Schilder einfach länger stehen zu lassen, war bei einer Gesetzesänderung zum 1. September 2009 gestrichen worden.

Es fehlt nur der Hut

Damals waren per Änderung der Straßenverkehrsordnung einige Schilder neu geschaffen worden, zum Beispiel Hinweise auf Skatemöglichkeiten auf Straßen und Bürgersteigen oder Fußgänger-durchgänge am Ende von Einbahnstraßen. Daneben wurde – von der Öffentlichkeit zumeist unbeachtet – auch der Paragraf 53 geändert. Die Zusicherung im Absatz 9, dass ältere Schilder weiterhin gültig bleiben, fiel weg.

Häufig gibt es zwischen der alten und der neuen Version kaum Unterschiede: Beim Stauwarnschild Nr. 124 zum Beispiel entfallen nu die – bisher ohnehin kaum erkennbaren – Rücklichter der aufgemalten Stau-Autos. Beim Überholverbotszeichen 276 wurde lediglich auf den dünnen Unterstrich unter zwei stilisierten Fahrzeugen verzichtet. Und auf Warnhinweiszeichen Nummer 134 fehlt dem Fußgänger am Zebrastreifen nun lediglich der Hut.


Finanznot

Die 12 000 Kommunen haben immer weniger Geld zur Verfügung. Während sie für die laufenden Kosten immer mehr Kredite aufnehmen und alte Darlehen plus Zinsen bezahlen müssen, fielen die Steuereinnahmen allein 2009 um 11,4 Prozent auf insgesamt 62,4 Milliarden Euro. Andererseits haben die Städte und Gemeinden immer höhere Ausgaben, etwa für Hartz-IV-Empfänger.