nd-aktuell.de / 14.04.2010 / Politik / Seite 1

Liberale fallen mal wieder um

FDP-Spitze dampft Forderungen nach Steuerentlastungen mächtig ein

Fabian Lambeck
Am Montag präsentierte die FDP-Führung den Leitantrag für den kommenden Bundesparteitag in Köln. Demnach verabschieden sich die Liberalen von ihrem dreistufigen Steuermodell, das vor allem Besserverdiener bevorzugt. Zudem halbiert die FDP ihr Wahlversprechen: Die Steuerentlastungen sollen nur noch 16 statt 35 Milliarden Euro betragen. Bei der Union zeigte man sich erleichtert über das Umfallen des Koalitionspartners.

Das neue Steuerkonzept der FDP lässt sich in wenigen Worten zusammenfassen: Aus drei mach fünf und aus 35 einfach 16. Im Leitantrag zum Bundesparteitag plädiert die FDP-Spitze für ein fünfstufiges Steuertarif-Modell und Entlastungen von insgesamt 16 Milliarden Euro. Dabei kämpften Westerwelle und Co. noch im letzten Bundestagswahlkampf für ihr Dreistufen-Steuermodell, das einen Spitzensteuersatz von gerade einmal 35 Prozent vorsah. Das ist nun Geschichte. Genauso wie das Wahlversprechen, die Bundesbürger um insgesamt 35 Milliarden Euro zu entlasten. Im Koalitionsvertrag hatte man sich dann auf 24 Milliarden verständigt, wobei bislang immer strittig war, ob die bereits umgesetzten Steuerentlastungen von acht Milliarden Euro auf das Gesamtvolumen angerechnet werden können.

Wenige Wochen vor den wichtigen Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen gibt sich die FDP plötzlich bescheiden. Der liberale Steuerexperte Hermann Otto Solms mochte am Montag kein erneutes Umfallen seiner Partei erkennen. »Wir rücken in keiner Weise von unseren Vorstellungen ab«, betonte Solms auf einer Pressekonferenz in Berlin. Andreas Pinkwart, Landeschef der NRW-Liberalen, pflichtete ihm bei: »Ich sehe nicht, dass wir wortbrüchig geworden sind.« Das nun vorgelegte Modell sei »kein Minimalkonzept, sondern genau das, was die Koalition beschlossen hat«, erläuterte Pinkwart.

Wenn der FDP-Bundesparteitag am 25. April dem Konzept zustimmt, könnte der liberale Stufen-Tarif ab 2012 gelten, hofft man in der Berliner Parteizentrale. Wichtig sei, dass die »Entlastungswirkung« noch in dieser Legislatur – also bis 2013 – einsetze, so Solms.

Der Fünf-Stufen-Plan sieht vor, dass Geringverdiener 14 Prozent und Spitzenverdiener 45 Prozent an den Fiskus abführen sollen. Der Tarif soll den sogenannten Mittelstandsbauch abflachen und die kalte Progression mildern. Finanziert werden die Steuergeschenke durch die Streichung von Subventionen und Steuererleichterungen. Außerdem hofft man auf »Selbstfinanzierungseffekte«, die nach Berechnungen der FDP bei fast 50 Prozent liegen.

Was Solms und Pinkwart am Montag verschwiegen: Die Entlastungen sollen offenbar auch durch Einsparungen im Sozialbereich ermöglicht werden. So findet sich im Leitantrag die Forderung nach einer Pauschalisierung der Kosten der Unterkunft für Hartz-IV-Betroffene. Zudem wolle man bessere »Anreize« zur Arbeitsaufnahme, wie Solms erläuterte. Der FDP-Schatzmeister meint damit sicher nicht die Einführung von Mindestlöhnen.

Bei der Union zeigte man sich am Montag erleichtert über die »entschärften« Steuerreformpläne der FDP. In den letzen Monaten waren die Koalitionspartner in Sachen Steuersenkungen öfter aneinandergeraten. So sagte Unionsfraktionsvize Michael Meister (CDU) dem Düsseldorfer »Handelsblatt«, die neuen Vorstellungen der FDP seien »sehr hilfreich«. Zumal Diskussionen um eine Steuerreform vom Tisch sein werden, wenn Anfang Mai die aktuelle Steuerschätzung vorliegt. Bereits im laufenden Jahr beträgt das deutsche Haushaltsdefizit mehr als 80 Milliarden Euro.