nd-aktuell.de / 16.04.2010 / Politik / Seite 1

Erneut deutsche Soldaten Opfer im Krieg

Neue Waffen schützen nicht: Vier Bundeswehrangehörige in Afghanistan ums Leben gekommen

Keine zwei Wochen nach dem Gefecht bei Kundus, bei dem drei Bundeswehrsoldaten getötet wurden, sind am Donnerstag wieder vier deutsche Soldaten ums Leben gekommen und fünf zum Teil schwer verletzt worden.

Berlin/Kundus (ND-Heilig). Am frühen Nachmittag Ortszeit wurden Angehörige eines sogenannten »Operational Mentoring and Liaison Teams«, die mit der Ausbildung afghanischer Soldaten beauftragt sind, auf dem Weg von Kundus nach Baghlan mit Panzerbüchsen angegriffen. Offenbar wurde ein gepanzertes Fahrzeug Eagle IV – von dem die Militärführung gerade weitere 60 Stück ordern will, weil sie sich mehr Schutz für die Soldaten erwartet – nahe einer Brücke rund sechs Kilometer nördlich der Ortschaft Baghlan attackiert. Die Wucht des Geschosses traf auch deutsche und afghanische Soldaten, die neben dem Fahrzeug standen. Es wird von mindestens drei toten Afghanen berichtet.

Angeblich hatten die Soldaten den Auftrag, NATO-Nachschubtrassen zu sichern. Die Provinz Baghlan hat sich in den vergangenen 18 Monaten zur Hochburg der Taliban und anderer Aufständischer entwickelt. Afghanische und ISAF-Einheiten lieferten sich laut örtlichem Polizeisprecher heftige Gefechte mit rund 400 Taliban.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) verurteile »diesen hinterhältigen Angriff mit aller Schärfe«. Der SPD-Fraktionsvorsitzende, Frank-Walter Steinmeier, sagte: »Wir Sozialdemokraten verurteilen den feigen und hinterhältigen Anschlag auf das Schärfste.«

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), der sich gerade auf der Rückreise von einem Truppenbesuch auf dem Stützpunkt in Termez befand, kehrte nach Afghanistan zurück. Er hatte die deutschen ISAF-Soldaten erst am Vortage beruhigt, indem er ihnen schwere Waffen versprach. Zu Forderungen nach einem Abzug der deutschen Truppen erklärte der Minister, das Risiko »für unsere Sicherheit« werde größer, »wenn wir Afghanistan zum jetzigen Zeitpunkt sich selbst überlassen«. Erst wenn Ausbildungserfolge bei den afghanischen Militär- und Polizeikräften sichtbar sind und sie einen Teil ihrer Sicherheit übernehmen können, lasse sich über das Thema Abzug reden. Guttenberg wurde von Abgeordneten aller Fraktionen mit Ausnahme der LINKEN begleitet. Sie bekundete wie die anderen Parlamentarier Trauer über den Tod der Soldaten und Mitgefühl mit deren Angehörigen. Umso so wichtiger sei aber der unverzügliche Abzug, bekräftigt Vizefraktionschef Jan van Aken eine Forderung seiner Partei und der Friedensbewegung. »Die, die jetzt eine weitere Aufrüstung der Bundeswehr in Afganistan fordern, missbrauchen nur den Tod der Soldaten. Denn der Krieg wird weitergehen und auf allen Seiten noch mehr Opfer fordern.«

Der Bundeswehrverband äußerte sich »bestürzt und wütend«. Spätestens jetzt dürfe man nicht mehr die Augen davor verschließen, in welch kriegsähnlicher Situation sich die Bundeswehr seit Langem befinde.