Verlierer im Süden

Die Warnungen kamen sogar aus dem »Mutterland«. Mehr oder minder offen hatte Ankara im Wahlkampf um die Präsidentschaft in der allein von ihr anerkannten »Türkischen Republik Nordzypern« den bisherigen Amtsinhaber Mehmet Ali Talat unterstützt. Schließlich hatte jener gemeinsam mit seinem südzypriotischen Konterpart Dimitris Christofias vorsichtige Schritte der Annäherung auf der geteilten Insel unternommen. Dass nun Dervis Eroglu das Rennen machte, bringt die türkische Regierung in die Bredouille: Der Hardliner hatte die Verhandlungen mehrfach abgelehnt. Und die nach seinem Wahlsieg ausgegebene Vision einer »Partnerschaft zweier souveräner Staaten« bedeutet nichts anderes als die Absage an eine Wiedervereinigung.

Die Beunruhigung in Ankara ist berechtigt. Schließlich ist die Zypern-Frage neben der Menschenrechtsproblematik das größte Hindernis für den von der Türkei seit über 50 Jahren angestrebten Beitritt zur EU. Ohne Lösung des Konflikts auf der Insel keine Aufnahme, lautete die klare Ansage in den 2005 begonnenen Verhandlungen. Die Aussöhnungspolitik Talats, der im selben Jahr sein Amt antrat, diente Ankara stets als Beleg der Kompromissbereitschaft – auch wenn man selbst wenig dazu beitrug.

Ebenso dürfte Zyperns Präsident Christofias um die Konsequenzen fürchten. Die Sympathie, die der von der linken AKEL gestellte Staatschef bei der Mehrheit der Süd-Zyprer genießt, basiert zu einem großen Teil auf dessen Kurs gegenüber dem Nordteil der Insel und Ankara. Sollten die Gespräche nun in die Sackgasse führen, könnte Christofias zum eigentlichen Verlierer des Machtwechsels im Norden werden.

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