Trotz der Mai-Krawalle 2009 will die Berliner Polizei auch in diesem Jahr nicht von ihrem »Konzept der ausgestreckten Hand« abrücken. Demnach werde sie sich möglichst zurückhalten, in Konfliktfällen jedoch konsequent durchgreifen und gewaltbereite Teilnehmer festnehmen, erklärte der Leiter der Einsatzvorbereitung, Michael Lengwenings, gestern im Abgeordnetenhaus. Dass die Polizei entgegen ihrer offiziellen Strategie jedoch meist nicht besonders zimperlich vorgeht, zeigte sie in den vergangenen Jahren, als auch Medienvertreter bei Mai-Einsätzen der Polizei verletzt wurden.
Damit es dieses Jahr möglichst nicht so weit kommt, sollen die zu erwartenden Krawalle bereits im Vorfeld eingedämmt werden. Sämtliche Sicherheitsvorkehrungen werden getroffen. Beispielsweise wird der Verkauf von Flaschen und Dosen, bei vielen Autonomen als Wurfgeschosse beliebt, am 1. Mai an der Demostrecke verboten. Um dies durchzusetzen, will die Polizei Gewerbekontrollen durchführen.
Im Fokus der Beamten steht vor allem die »Revolutionäre 1. Mai Demonstration« unter Mitwirkung antifaschistischer Gruppen in Kreuzberg. Dort hatten Autonome nach eigenen Angaben bereits in der Nacht vom 14. auf den 15. April brennende Barrikaden errichtet, um für die Freilassung des wegen der Mai-Krawalle 2009 in Untersuchungshaft sitzenden Cristian P. zu demonstrieren. Die Zeichen stehen auf Konfrontation.
Diese würde allein von Linksextremen ausgehen, so die Polizei. Als Beleg führte sie die neue Kriminalitätsstatistik an, die am gestrigen Montag von Polizeipräsident Dieter Glietsch vorgestellt wurde. Sie besagt, dass »linksextreme Gewalt« wie Steinwürfe und Brandanschläge 2009 im Gegensatz zu 2008 von 171 auf 417 Fälle massiv anstieg. Zahlreiche dieser Straftaten wurden im Zuge der Krawalle am 1. Mai begangen.
Grünen-Abgeordneter Benedikt Lux meinte, dass seit dem G-8-Gipfel in Heiligendamm 2007 ein Anstieg linker Gewalt zu konstatieren sei. Die Mai-Ausschreitungen bewertete er jedoch eher als Hooliganismus denn als politisch motivierte Gewalt. Vertreter von CDU und FDP wiederum nutzten die Statistik, um grundsätzlich mehr Polizeipräsenz auf den Straßen zu fordern. Die Sozialdemokraten sprachen sich dagegen aus. »Effektiver ist es, in den Strukturen der Linksextremen zu ermitteln«, sagte SPD-Politiker Frank Zimmermann.
Bei den Debatten um sogenannten Linksextremismus wurde im Abgeordnetenhaus fast vergessen, dass auch Nazis am 1. Mai in Berlin auf die Straße gehen wollen. Erst gegen Ende der Sitzung fragte Marion Seelig von der LINKEN, mit wie vielen Nazi-Veranstaltungen zu rechnen sei. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) geht bisher nur von einer NPD-Kundgebung aus, die in Köpenick stattfinden soll.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/169451.einsatzkonzept-wird-nicht-geaendert.html