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prime time theater

Neues aus dem Kampftrinklager

  • Lucia Tirado
  • Lesedauer: 3 Min.

In der Spätausgabe der »Aktuellen Kamera« muss Karl Unterlauf verlesen, dass der Staatsratsvorsitzende eine merkwürdige Begegnung in Hoyerswerda hatte. Aber diese Nachricht entspringt nur einem sie in die Vergangenheit katapultierenden Albtraum von Heidemarie Schinkel, die sich im Guido-Westerwelle-Trainingscamp den Kopf stieß. Im Ergebnis hat sie – bis dahin linientreuer als eine Straßenkehrmaschine – nun doch langsam genug davon, grundsätzlich alles zu verherrlichen, was mit der DDR zusammenhing. »Kampftrinklager« heißt die 64. und bis nach der Sommerpause letzte neue Folge von »Gutes Wedding, schlechtes Wedding« (GWSW) im prime time theater. Sie ist bis 11. Mai zu sehen. Ab 14. Mai bis 6. Juni gibt es ein »Summer Special« mit den schönsten Szenen aus den erfolgreichen Sommerfolgen wie »Traumschiff Aldi« oder »Freibad Wedding«. Doch bis dahin wird kräftig gespottet über DDR-Begriffe und westliche Mentalität.

Neben der Schinkelschen aus Wedding, die das für ihren »Westpass« durchsteht, ist zum Westdeutschlernen der frühere Ossi-Polizist Herrman Schneider eingetrudelt. Ihm wurde das aufgebrummt, weil er erzürnt einen kapitalistischen Kaffeeautomaten enteignet hatte. Dagegen freiwillig ist »Vati« aus der Uckermark eingetroffen. Dieser Gottlieb Horwarth – ein Spießer vor dem Herrn – ist nicht nur Pfarrer in Haßleben. Er musste inzwischen sämtliche Ehrenämter bis zum Vorsitz des Jüdischen Kulturvereins im Ort übernehmen, weil fast alle Haßlebener ausgewandert sind, beklagt er: »Aber ich jammer ja nich!« Nun will er mit seinem Wissen die Landflucht rückgängig machen.

Die drei vermeintlich Unverbesserlichen, gespielt von Constanze Behrends, Alexander Ther und Oliver Tautorat, werden von Frau Oberstleutnant Westmann knallhart gedrillt. Jenny Bins kostet es Mühe, dabei ernst zu bleiben. Das ist witzig gemacht. Gründliche Recherche der Autorin Constanze Behrends, die 1989 schließlich noch ein Kind war, verbindet sich mit bis ins Groteske gesteigerten Ideen. Gleichzeitig werden andere GWSW-Geschichten im Weddinger Kiez systematisch weitergeführt. So erfahren die Zuschauer Neues über die alte Feindschaft zwischen Dönerbudenbesitzer Onkel Ahmed und seinem griechischen Restaurantbetreiber von Gegenüber oder von einem Techtelmechtel im Sonnenstudio zwischen Piroschka (Felicitas Vajna) und Mahmut, dem Tiger von Wedding.

Zum Hausklatsch im prime time theater gehört, dass nun Philipp Lau mitspielt. Erstmals sieht man ihn in der neuen Folge als Reporter und als Musiker Manni. Das geht schon gut und hat hoffentlich Zukunft. Seine beiden Vorgänger nutzten die Bühne als »Sprungbrett« für weitere berufliche Arbeit. So etwas ist nicht ungewöhnlich, jedoch etwas beschwerlich für ein kleines Ensemble. So ist das Beste zu hoffen, für die Arbeit mit dem neuen dritten Mann.

Freitags bis dienstags, 20.15 Uhr, prime time theater, Müllerstraße 163, www.primetimetheater.de

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