nd-aktuell.de / 29.04.2010 / Kultur / Seite 10

Hoch bezahlt

Umzäunte Welt: »Auf der sicheren Seite«

Caroline M. Buck

Wenn der eine viel besitzt und der andere nicht, baut man Mauern. Um den anderen, der weniger hat, drinnen zu halten. Oder draußen vor. In den Gemeinden, die die Dokumentarfilmer Corinna Wichmann und Lukas Schmid besuchten, gilt die Mauer der Abgrenzung nach draußen: »Gated Communities«, mit Zaunanlagen drum herum und Wachtposten an den Toren.

Sie mögen auf verschiedenen Kontinenten liegen, das Funktionsprinzip ist immer dasselbe, die Namen sind immer klingend. Ob am Rande von Südafrikas Kriminalitätshochburg Johannesburg, von Indiens Computer-Hauptstadt Bangalore oder dem US-Casinoparadies Las Vegas – sie bedeuten Sicherheit, Besitzstandswahrung, Ausgrenzung – und Gruppenzwang. Die Umfassungsmauern mit Stacheldraht-Bekrönung könnten sich an jedem Strafgefangenenlager sehen lassen und sind trotzdem bestes Verkaufsargument für die teuren Villen dahinter. Sie gehören zum Besichtigungsprogramm jedes potenziellen Käufers, und wenn die Security so gut ist, dass garantiert nie jemand das Gelände betrat, ohne vorher durchleuchtet worden zu sein, treibt diese Garantie den Kaufpreis noch ein bisschen in die Höhe.

In Südafrika ist von multikultureller Bewohnerschaft die Rede, immerhin gibt es wohlsituierte schwarze Südafrikaner. Vor der Kamera sind dann doch nur Weiße zu sehen, von der geschäftstüchtigen Maklerin über die Kaufinteressentin bis zum unvermeidlichen Weißbart, der das Ende der Apartheid und die steigende Kriminalitätsrate in einem Satz zusammenführt.

Im indischen Fallbeispiel mit dem schönen Titel Palm Meadows, Palmenwiesen, sind es neben der Sicherheit vor allem Ruhe und Infrastruktur, die die Bewohner an ihrer abgeriegelten Enklave schätzen. Straßen ohne Schlaglöcher haben außerhalb Seltenheitswert. Die Inder, die hier leben – immerhin sind es Inder –, kamen aus dem Ausland in die Heimat zurück und haben sich längst an glatt asphaltierte Straßen gewöhnt.

Was der Preis von so viel Sicherheit ist, wird am US-Beispiel deutlich. Weil das Wohlstandsgefälle zur Außenwelt hier nicht ganz so groß ausfällt wie in Indien oder Südafrika, ist die Abgrenzung von den Mitbürgern außerhalb der Mauern vor allem eine ideologische. Die Eigentümerversammlung herrscht wie ein Tyrann, der Konformitätsdruck ist enorm, selbst die Wahl des Rasentyps und der Vorgartenbäume wird dem Einzelnen abgenommen. Ein fahrender Sicherheitsdienst achtet auf freiluft aufgehängte Wäsche, sichtbare Müllcontainer, parkende Autos oder offenstehende Gartentore, die die perfekte Gleichförmigkeit der Anlage stören könnten. Selbst die Hunde unterliegen einem strikten Leinenzwang und haben bei solch totaler Überwachung kein wirklich schönes Leben.