Die Chancen für das Soziale Europa nutzen!

  • Elisabeth Schroedter
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Europaabgeordnete der Grünen ist u.a. Vizepräsidentin des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten.
Die Europaabgeordnete der Grünen ist u.a. Vizepräsidentin des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten.

Die neue Zehn-Jahres-Strategie für Wirtschafts- und Sozialpolitik der Europäischen Union heißt EUROPA 2020. Die Staats- und Regierungschefs im Europäischen Rat diskutierten im März die Vorlage zu EUROPA 2020 von Kommissionspräsident Barroso. Sie enthält fünf Prioritäten, die bis 2020 erreicht werden sollen: Arbeitsplatzbeschaffung für drei Viertel aller 20- bis 64-Jährigen, Investitionen für Forschung und Innovation in Höhe von 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, Reduktion der CO2-Emissionen um 20 Prozent, Steigerung von Erneuerbaren Energien und Energieeffizienz um 20 Prozent, Hochschulabschlüsse für 40 Prozent der jüngeren Generation, Senkung des Anteils von Schulabbrechern, Reduzierung der von Armut bedrohten Menschen um 20 Millionen. Um das zu erreichen, will die Kommission u.a. die »Agenda für neue Kompetenzen und Beschäftigungsmöglichkeiten« entwickeln.

Die EU 2020-Strategie löst die bis 2010 konzipierte Lissabon-Strategie ab. Leider wurde weder aus den Fehlern der alten Strategie gelernt, noch konnten gesellschaftliche und politische Akteure der neuen ihre Handschrift verpassen. Die Kommission präsentiert alte Ideen im neuen Gewand. Doch birgt EU 2020 Chancen: Barroso weigert sich nicht mehr, die Wende zu einer ökologischen Wirtschaft einzuleiten und den Klimawandel ernst zu nehmen und aufzuhalten. Aber er vergisst, dass Politik den Menschen statt den Märkten dienen soll. Zentrale Fragen, wie das Jobpotenzial einer ökologischen Wirtschaft und die schwierigen Veränderungen in der Arbeitnehmerschaft, werden nicht thematisiert. Soziale Fragen, wie Arbeitnehmerrechte, Recht auf Weiterbildung, Mindestlohn, kommen zu kurz. Doch dank Sozialkommissar Andor gibt es wenigstens einige konkrete soziale Ziele, wie die Forderung nach der Armutssenkung.

Deutschland aber leistet Widerstand: Bundeskanzlerin Merkel will kein Soziales Europa und strich dieses Ziel. Ihre Argumentation, Armut sei relativ und könne deshalb nicht definiert werden, erinnert mich an ein Scheuklappendenken. Die europäische Verpflichtung, Armut zu bekämpfen, gehört für mich unbedingt in das Strategiepapier EUROPA 2020. Schließlich sind in Deutschland 12 Millionen Menschen armutsgefährdet. Bis die Staats- und Regierungschefs die Strategie im Juni beschließen, werden wir Grüne weiter Druck auf die Kommission und die schwarz-gelbe Bundesregierung machen, damit die sozialen Ziele auch Priorität bleiben.

Wir fordern zudem eine europäische Strategie für grüne Jobs. Denn das enorme Beschäftigungspotenzial der ökologischen Wirtschaft liegt in der EU bisher brach. In meinem Initiativbericht zum Jobpotenzial in einer neuen zukunftsfähigen Wirtschaft, mit dem mich der Beschäftigungs- und Sozialausschuss des Europäischen Parlaments beauftragt hatte, entwickle ich politische Strategien dazu. Dazu gehört nicht nur ein langfristiger Investitionsrahmen in Umwelttechnologien und umweltschonende Produktionen, sondern auch eine Bildungsinitiative. Jeder Job ist ein »grüner Job«, wenn er zum Umweltschutz beiträgt. Ein Schlüssel ist die Investition in lebenslange Weiterbildung. Sie sollte fester Bestandteil eines jeden Arbeitsvertrags sein. Nur so lassen sich die Veränderungen in bestehenden Jobs und der Übergang in neue Branchen auch sozial bewältigen.

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