nd-aktuell.de / 25.05.2010 / Politik / Seite 6

Kanzlerjet düst in die Golfstaaten

Angela Merkel mit Wirtschaftsgefolge auf der Suche nach lukrativen Investitionsgelegenheiten

Karin Leukefeld
Mit einer hochkarätigen Wirtschaftsdelegation ist Bundeskanzlerin Angela Merkel am Montag in die Golfstaaten aufgebrochen. Vier Tage lang wird die deutsche Handelskarawane die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi Arabien, Katar und Bahrain besuchen und über neue Geschäfte, Energielieferungen und Iran sprechen, hieß es in Berlin.

»Die Golfstaaten haben ein Interesse an einem starken Europa«, sagte Ministerialdirektor Christoph Heusgen der Deutschen Welle. Gerade in der Wirtschaftskrise hätten sich deren Investitionen als »besonders hilfreich« erwiesen. Mit von der Partie im Kanzlerjet sind Spitzenmanager von Siemens, Deutsche Bahn, Linde und Eon-Ruhrgas, die auf Milliardengeschäfte spekulieren. Bis 2020 sollen die Golfstaaten einen Außenhandelsüberschuss von sechs Milliarden Dollar erwirtschaften. Der deutsche Export in die Region hatte sich bis 2008 verdreifacht, schrumpfte im Krisenjahr 2009 aber wieder zusammen.

Die Golfstaaten gehören zu den finanzstärksten Ländern weltweit, in Katar wird ein Wirtschaftswachstum von 18 Prozent für 2010 erwartet. Projekte im Wert von 2,8 Milliarden US-Dollar seien ausgeschrieben, hieß es beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Dabei gehe es um Wohnungsbau, Strom- und Wasserversorgung, aber auch um Recycling, Müllentsorgung und Kläranlagen. Offen ist auch noch ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und den Staaten des Golfkooperationsrates (Bahrain, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate), das aber vermutlich wegen dem durch die Wirtschaftskrise geschwächten Euro noch einige Zeit auf sich warten lassen wird. Saudi Arabien als Mitglied der G 20 Runde dürfte für Kanzlerin Merkel ein wichtiger Ansprechpartner in Sachen Finanztransaktionssteuer sein, ein Thema, das auf dem nächsten G 20 Treffen weit oben auf der Tagesordnung steht. Saudi-Arabien ist für eine solche Abgabe.

Zwar stehen wirtschaftliche Abkommen und Verkäufe eindeutig an erster Stelle des Besuchsprogramms, es solle aber auch politisch diskutiert werden, so die Kanzlerin. Ganz vorne stehen dabei Iran und sein Atomprogramm, welches Israel mit allen Mitteln verhindern will.

Der Nahe Osten bleibt ein Pulverfass. Die USA haben große Mengen Waffen vor allem an Saudi-Arabien geliefert. Frankreich verkauft munter seine Atomtechnologie in den Golfstaaten und auch Deutschland ist im Sicherheitsbereich in der Polizei- und Soldatenausbildung präsent. Katar und die Emirate (UAE) treten allerdings für einen Dialog mit Iran ein, die Golfstaaten bis auf Saudi-Arabien verfügen über enge wirtschaftliche Beziehungen mit dem Nachbarstaat.

Zum offiziellen Programm der Kanzlerinnenreise gehört neben Vorträgen in der König Abdullah Universität für Wissenschaft und Technik (KAUST) und dem Islamischen Museum (Doha, Katar) auch ein Besuch in Masdar (VAE), der ersten CO2-freien Stadt der Welt. Hier ist auch der Sitz von IRENA, der internationalen UN-0rganisation für Erneuerbare Energien. In Saudi-Arabien wird Frau Merkel sich für die Befreiung von zwei deutschen Geiselkindern im Jemen bedanken. Über den Verbleib der Eltern, den jüngsten Sohn und einem befreundeten britischen Ingenieur ist nichts bekannt.