nd-aktuell.de / 29.05.2010 / Politik / Seite 18

Absperrbänder als Protest gegen Armut

Kinderschutzbund plant bundesweit Aktionen

2,5 Millionen Kinder leben nach Angaben des Deutschen Kinderschutzbundes derzeit in Deutschland auf Sozialhilfeniveau. »Das sind rund eine Million mehr als noch vor zehn Jahren«, sagte Verbandspräsident Heinz Hilgers am Freitag zu Beginn einer dreitägigen Mitgliederversammlung in Magdeburg. Mit einer bundesweiten Kampagne will der Kinderschutzbund auf das Problem aufmerksam machen.

Magdeburg (epd/ND). Der Deutsche Kinderschutzbund will mit Absperrbändern vor öffentlichen Einrichtungen in ganz Deutschland gegen Armut protestieren. Die Bänder sollen im September in rund 450 Orten als Zeichen der Ausgrenzung armer Kinder zum Beispiel an Musikschulen, Zoos, Sportvereinen, Schwimmbädern, Ballettschulen und Tagesstätten angebracht werden, sagte Präsident Heinz Hilgers bei der Vorstellung der neuen Kampagne »Kinderarmut. Gemeinsam Barrieren überwinden« am Freitag in Magdeburg.

Die roten Kunststoffgurte tragen wiederkehrend das Wort Kinderarmut, wobei der Buchstabe A in Form einer Schere die »Armutsschere« symbolisiert. Der offizielle Start der Aktion erfolgt zum Weltkindertag am 20. September. Geplant ist zudem eine bundesweite Plakataktion mit drei verschiedenen Motiven. Bereits am Montag soll eine Postkartenaktion beginnen, mit der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) »zum Handeln aufgerufen« werde, hieß es. Sein Verband wolle deutlich machen, dass immer mehr Kinder in Deutschland von kultureller Teilhabe, außerschulischer Bildung und Lehrmitteln ausgeschlossen seien, sagte Hilgers. Von den heute etwa 14 Millionen Kindern lebten 2,5 Millionen auf dem Niveau der staatlichen Sozialhilfe. »Entsetzlich und unerträglich« sei es, wenn Politiker jetzt auch noch Kürzungen bei der frühkindlichen Bildung forderten. Nur wer ausreichenden Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung habe, könne später der Armut entkommen. »Dieses Land braucht jedes Kind, um in die Zukunft zu gehen«, betonte Hilgers.

Im Blick auf Kindesmissbrauch in Deutschland forderte der Präsident, den Kommunen mehr Geld zur Finanzierung von Kinderschutzzentren und Beratungsstellen bereitzustellen. Hilgers sprach sich gegen eine geplante Verlängerung von Verjährungsfristen bei Missbrauchsfällen sowie gegen eine in der Politik diskutierte Anzeigepflicht für Therapeuten aus. Kinder müssten sich auf die Verschwiegenheit eines Therapeuten verlassen können, dem sie sich anvertrauen.

Präsentiert wurde die neue Kampagne bei der Bundesmitgliederversammlung des Kinderschutzbundes in Magdeburg. Bis Sonntag beraten hier mehr als 200 Delegierte über Kinderrechte und Gewalt sowie über Satzungsfragen und interne Berichte. Zudem sollen die Forderungen an den Runden Tisch zum Thema Missbrauch als Resolution verabschiedet werden. Der Deutsche Kinderschutzbund wurde 1953 in Hamburg gegründet und hat nach eigenen Angaben rund 50 000 Mitglieder.