Auf dem Pausenhof toben Mädchen und Jungen. Als es klingelt, flitzen sie in den Neubau der Schule, wo der Unterricht beginnt. Eine Bildungsstätte – wenngleich ganz anderer Art –, das soll auch die gleich daneben stehende alte Schule in Halbe wieder werden. In den vergangenen Jahren beherbergte sie die Denkwerkstatt zur Kesselschlacht im April 1945. Nun möchte der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge das Gebäude zu einer Bildungsstätte ausbauen.
Die Arbeiten sollen am 14. Juni beginnen. Es wäre schön, wenn sie im September nächsten Jahres abgeschlossen sind, meint Landesgeschäftsführer Oliver Breithaupt. Er hat Ex-Außenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) gebeten, zur Eröffnung zu kommen. Genscher gehörte als junger Mann zur faschistischen Armee Wenck, die Hitler in Berlin heraushauen sollte und mit ausgebrochenen deutschen Truppen aus dem Kessel von Halbe zusammentraf.
Derzeit sind in der alten Schule noch Überbleibsel der Ausstellung zu sehen. Abmontierte Heizkörper und Farbeimer stehen herum. In einem Zimmer liegen Teppichreste und verschlissene Gardinen. Der Umbau zur Bildungsstätte konzentriert sich auf das Untergeschoss. Dort sollen vier Seminarräume entstehen. Zu diesem Zweck werde der Keller ausgeschachtet, erläutert Architekt Felix Thoma. Die Toiletten werden vom Eingangsbereich weg ins Untergeschoss verlegt und machen so Platz für den Empfang. Ein kleiner Umbau erfolgt im Dachgeschoss, das eine Feuertreppe und zwei weitere Seminarräume erhält. Zwischen Innen- und Außenmauer befinden sich sechs Zentimeter Luft, in die ein moderner Dämmstoff eingespritzt werden soll. Zwischenzeitlich zugemauerte Fensteröffnungen sollen wieder freigebrochen, die alte Mensa soll abgerissen werden. Ansonsten bleibe alles so, wie es ist, erklärte der Architekt. Erfreulicherweise sei das Dach völlig in Ordnung. Hätte man es neu decken müssen, wäre dies wohl nicht zu bezahlen gewesen.
Doch auch so belaufen sich die Kosten immerhin noch auf 950 000 Euro. 300 000 Euro bringt der Volksbund selbst auf, 432 000 Euro gibt das Land Brandenburg. Den Rest zahlt die Gemeinde. Sie hat ihre Grundstücke verkauft, um die Summe zu schultern, wie Bürgermeister Ralf Kunze verrät. Er hofft, dass später noch ein Fußweg von der Bildungsstätte über die Felder zum ein Stück entfernten Soldatenfriedhof entsteht – vielleicht ein Rundkurs mit Hinweisen auf die Stellen, wo 1945 Panzersperren standen.
Der größte deutsche Soldatenfriedhof ist der Grund dafür, dass die Bildungsstätte ausgerechnet in Brandenburg eingerichtet wird. Der Volksbund zähle 16 Landesverbände, die alle gern eine Bildungsstätte hätten, erklärte Präsident Reinhard Führer. Aber gerade hier in Halbe könne man jungen Menschen zeigen, was Rassismus und Intoleranz anrichten können. Auf dem Friedhof liegen »17-jährige Soldaten, die Hitler niemals wählen konnten und in den Krieg gezwungen worden sind«. Die Bildungsstätte sei auch gedacht als ein Signal gegen Neonazis, die in Halbe schon oft zu sogenannten Heldengedenken aufmarschierten. Die auf dem Friedhof beigesetzten deutschen Soldaten seien jedoch keine Helden gewesen, sondern junge Menschen, die lieber nach Hause wollten, aber von den Faschisten noch kurz vor der längst klaren Niederlage verheizt wurden.
Bestattet sind auf dem Friedhof auch rund »4500 Opfer« des sowjetischen Geheimdienstes NKWD aus Ketschendorf, bemerkte Führer. Ins Lager Ketschendorf seien diese Menschen aufgrund von Denunziationen gekommen, »manche unschuldig«. Dies runde das Bild ab von dem, was mit dem Zweiten Weltkrieg verbunden sei, sagte Führer. Dabei beteuerte er, Ursache und Wirkung nicht zu verwechseln. Er vergesse nicht, dass der Grund Hitlers Angriffskrieg und der Überfall auf die Sowjetunion sei. Das Konzept sieht eine Zusammenarbeit mit dem Museum in Berlin-Karlshorst vor.
In der Bildungsstätte werden zwei Jugendsozialarbeiter tätig sein – einer bezahlt vom Volksbund, der andere je zur Hälfte vom Landkreis Dahme-Spreewald und vom Amt Schenkenländchen. Zur Bildungsstätte gehören weiterhin ein Archiv und das Büro des vom Volksbund geführten Umbettungsdienstes. Außerdem erhält der Bürgermeister in dem Gebäude ein Sprechzimmer. Übernachtungen sind nicht möglich. Aber dafür biete sich die nahe Jugendherberge »Köthener See« an, sagt der Landrat und Volksbund-Kreisvorsitzende Stephan Loge (SPD).
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/172577.seminar-am-soldatenfriedhof.html