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Der Supermarkt-Rave

10 000 Besucher bei Techno-Party in Tempelhof

  • Lesedauer: 2 Min.

(dpa). Schlaghosen, Plateauschuhe und fluoreszierende Leuchtstäbe: Es gibt sie noch, Berlins schillernde Ravergemeinde. Vier Jahre nach der letzten Love Parade in der Hauptstadt feierten am Samstag 10 000 Techno-Fans beim Summer Rave im ehemaligen Flughafen Tempelhof. Das Massenspektakel war eine ausgelassene Hommage an den berühmten Techno-Umzug, wo in guten Jahren über eine Million Raver zwischen Brandenburger Tor und Siegessäule unterwegs waren.

Neben Techno-Jüngern im klassischen Raver-Look kamen zum Summer Rave aber auch viele Tanzbegeisterte im Alltagsdress. Die DJ-Liste in Tempelhof führten Westbam und Marusha an, zwei altgediente Veteranen der Love Parade und Protagonisten der Techno-Szene in den 1990er Jahren. Beim Plattenauflegen in zwei riesigen Flughafen-Hangars wurden sie von den Massen frenetisch bejubelt. Die Bässe aus den Riesenboxen dröhnten so stark, dass die Fenster des über 70 Jahre alten Gebäudes bedrohlich vibrierten. Die Raver ließ das kalt, Ohrenstöpsel benutzten die wenigsten.

Der ausverkaufte Summer Rave war zwar deutlich kleiner als die Love Parade, die Veranstalter hätten aber das Zwei- oder Dreifache an Karten verkaufen können, wie sie stolz erklärten. Über 100 Euro hätten manche im Internet beim Auktionsforum Ebay geboten. Auch vor dem Tempelhofer Flughafengebäude fragten am Abend etliche nach Tickets. Am Straßenrand verkauften Händler Bier.

Durch das Ende der Love Parade sei in der Berliner Techno-Szene eine schmerzende Lücke entstanden, sagte Summer Rave-Initiator Tobias Tuchlenski. Der Riesenandrang zeige das dringende Bedürfnis, dass diese Lücke geschlossen werde. Tuchlenski ist Regionalchef einer großen Supermarktkette, die das Spektakel organisierte, um sich ein hippes Image bei jungen Leuten zu geben. Kritiker sprachen von einem Supermarkt-Rave.

Techno war selten so präsent in Berlin wie heute – auch ohne Love Parade. In den unzähligen Clubs wird praktisch täglich gefeiert, als gäbe es kein Morgen. Für eine Nacht beziehungsweise einen Tag im Berghain oder in der Bar 25 kommen Party-Fans aus aller Welt nach Berlin. Allerdings endet die Sehnsucht nach dem Feierglück dort für viele schon bei den Türstehern, die nur ausgewähltes Publikum einlassen. Nicht so beim Summer Rave in Tempelhof: Dort kam am Samstag jeder rein, der eine Karte vorbestellt hatte – Alter und Outfit egal.

Wegen des Riesenerfolgs kündigten die Veranstalter für nächstes Jahr eine Fortsetzung an.

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