Rufer in der Wüste

  • Silvia Ottow
  • Lesedauer: 2 Min.

Wenige Wochen vor seiner Amtsübernahme hat der künftige Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen eine unmissverständliche Ansage gemacht. Er hält lediglich ein Fünftel der in Deutschland angewendeten Medikamente für notwendig. In Zahlen: 40 000 Arzneien sind aus seiner Sicht überflüssig. Sie haben vielleicht eine andere Farbe oder eine andere Darreichungsform, womöglich einige unwesentlich veränderte Zusatzstoffe, aber keinen wirklichen Zusatznutzen, der sie unentbehrlich machen würde. Ein großer Teil davon wird Tag für Tag auf Kosten der gesetzlichen Krankenkassen verordnet, ist folglich eine von uns, den Versicherten, finanzierte Hilfsmaßnahme für verschiedene Konzerne. So weit muss allerdings die Dankbarkeit dafür, dass es heute fantastische Arzneimittel gegen schwere Krankheiten und schreckliche Schmerzen gibt, nicht gehen.

Seit Jahren – oder besser gesagt Jahrzehnten – verursachen das Ausmaß der hierzulande vorhandenen Medikamente sowie deren Preise Kopfschütteln bei den meisten Sachverständigen. Im Kampf um eine sogenannte Positivliste hat die Politik allerdings bereits vor vielen Jahren vor der einflussreichen Pharmabranche kapituliert. Seitdem ersetzen Sonntagsreden und Absichtserklärungen die Gesetze, die es eigentlich geben müsste, um dem Gewinnstreben einiger Konzerne Einhalt zu gebieten. Und die paar Experten, die immer wieder an die Arzneimittelproduzenten appellieren, keine nutzlosen Mittel herzustellen und an den Mann zu bringen, erinnern an den biblischen Rufer in der Wüste, dessen Mahnungen vergeblich blieben.

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