nd-aktuell.de / 17.06.2010 / Unten links / Seite 1

Unten links

Eine britische Studie stellt »heftig nachlassende Anständigkeit« unter Arbeitslosen fest. Auf den Sozialämtern häuften sich »unhöfliches, grobes Benehmen«. Vonnöten sei mahnende Beratung, »sich auch unter komplizierten persönlichen Bedingungen allgemeinen Anstandsregeln« zu unterwerfen. Wie freilich benimmt sich jemand anständig, den man zu unfreiwilliger Erwerbslosigkeit verurteilte? Satzungen, die das Verhalten in gesitteter Gesellschaft regeln, lassen diesen Fall des Aussortiertwerdens leider unberücksichtigt. Wie reagiert man auf Kündigung? Dankt man dem Chef? Und wie? Mit Worten oder einer Verbeugung? Ist Erbleichen gestattet? Ab wann geziemen sich Tränen? Der Leitfaden für gute Manieren hat empfindliche Lücken. Keinesfalls gehört es sich, zu schreien, das stimmt. Das geht auf die Nerven. Auch ein Langzeitarbeitsloser – wenn er denn weiß, was sich gehört – muss sich selber immer dort haben, wo ihn die mürbende Bürokratie längst hat: in der Gewalt. hades