nd-aktuell.de / 29.06.2010 / Kultur / Seite 16

Der Feuille-Ton ... der Anderen

Kommunisten in der Volksbühne – schön und gut, solange es sich um Schauspieler handelt. Aber die hier meinten es ernst. Entsprechend skeptisch wurde die Berliner Wochenend-Konferenz zur »Idee des Kommunismus« beäugt. Spürbar erleichtert darüber, dass mit der Weltrevolution vorerst offenbar nicht zu rechnen ist, gibt sich Katharina Teutsch in der »Welt«:

Dem Orientierungssuchenden war nicht zu helfen auf dieser Veranstaltung. Gegen den Relativismus der Werte wollte man sich wenden, ewige Wahrheiten verkünden, aus dem Kommunismus gar wieder ein Wort machen, »das den Herrschenden Angst macht«. Im Moment machen einem eher die Herrschenden Angst, die nur noch das Nichts, nämlich Schulden verwalten. Doch die neuen Kommunisten haben bestimmt keinen Plan B. So existiert die kommunistische Avantgarde im Moment vor allem als ästhetisch-hedonistische Pose. Statt Weltgeist begegnet einem nur ein seltsam versponnener Zeitgeist. Marx hat gesagt, Religion sei Opium fürs Volk. In Berlin gab es fürs Publikum nur ein bisschen Valium.

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Viel Abscheu vor der Gegenwart, wenig Begeisterung für die Zukunft und keine Ideen für den Übergang hat Christian Schlüter bemerkt. In »Frankfurter Rundschau« und »Berliner Zeitung« berichtet er:

Wer also die kapitalistische Ausbeutung kritisiert, so Zizek, erwerbe bei Starbucks die Kritik daran gleich mit – gegen ein erhöhtes Entgelt, versteht sich. In Berlin folgten die meisten Vorträge diesem Erzähl- und Erklärungsmuster und analysierten die Finten des Kapitals in Grund und Boden. Merkwürdige Tautologie: Was mittlerweile selbst die »bürgerlichen Medien« rauf und runter berichten, wurde in der Volksbühne im Vokabular der marxistisch-leninistischen Orthodoxie noch einmal wiederholt – eine Art Gottesdienst linker Allgemeinplätze fand da statt.

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Noch keinen Klassenkampf, aber immerhin einen intellektuellen Zweikampf beschreibt Cord Riechelmann in der »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung«:

In einem fulminanten Kampfaufruf plädierte Negri gegen Badiou für den Klassenkampf. Für Badiou seien Massenbewegungen nur kleinbürgerliche Ereignisse, aber der Kommunismus sei ein Bauwerk, ein Wachsen des Seins. Negri will deshalb nicht mehr die Gesetze des Kapitals, sondern die Geschichte des Klassenkampfs studieren. [...] Negri wollte das als Anstoß zur Debatte mit Badiou verstanden wissen. Es gehe, so Negri, darum, zu verstehen, dass, in Zeiten des Arbeitsmangels, Arbeitsverweigerung kein Mittel des Kampfes mehr sein könne. Es gehe darum, neue Mittel zu finden.