Mitschuld?

Urteile

  • Lesedauer: 2 Min.

Ein Verkehrsrowdy fuhr in der Stadt mit seinem Auto viel zu schnell – etwa 90 km/h. Und das bei Regen. Er verlor die Gewalt über den Wagen und schleuderte auf die Gegenfahrbahn. Der Wagen krachte frontal gegen ein anderes Fahrzeug, in dem drei Personen saßen. Die Autofahrerin A., ihr Ehemann und ein Bekannter wurden schwer verletzt. Der Ehemann starb kurz nach dem Unfall. Frau A. verbrachte mehrere Monate in Krankenhaus und und Reha. Sie forderte vom Kfz-Versicherer des Unfallgegners 40 000 Euro Schmerzensgeld und Ersatz für Schäden, inklusive der Kosten für eine Haushaltshilfe. Im Rechtsstreit ging es im Wesentlichen um die Frage, ob der Frau ein Mitverschulden anzurechnen war, weil sie beim Unfall keinen Sicherheitsgurt angelegt hatte. Die Versicherung verlangte, ihr eine Mitschuld von einem Drittel zu geben. Im konkreten Fall spiele der Verstoß gegen die Anschnallpflicht keine Rolle, entschied das Oberlandesgericht (14 U 42/08). Angesichts des schwerwiegenden Fehlverhaltens des Unfallverursachers könne man diesen Umstand vernachlässigen. Zudem hätte der Sicherheitsgurt nach Aussagen eines Sachverständigen bei dieser Art von Zusammenstoß nichts genützt. Der Versicherer müsse die Forderungen zu 100 Prozent erfüllen.

Bestellung

Ein Kunde hatte bei einem Versandhändler Waren bestellt und die Bestellung schon einen Tag später mit einer E-Mail widerrufen. Vorsichtshalber sandte er dem Unternehmen zehn Tage später noch eine Widerrufserklärung zu. Beide Widerrufserklärungen wurden per Mail bestätigt – allerdings automatisch. So kam die Information darüber nicht rechtzeitig bei der Versandabteilung des Handelsunternehmens an und die Waren wurden trotzdem verschickt. Der Kunde kooperierte vermutlich mit einem Konkurrenten: Denn der Versandhändler erhielt sofort eine Abmahnung wegen unlauteren Wettbewerbs. Unerwünschte Werbung und unbestellte Ware zu verschicken, sei wettbe-werbswidrig, bestätigte das Oberlandesgericht Koblenz (9 U 20/09). Es gehöre zu den unlauteren Geschäftspraktiken, Ware zu liefern, obwohl der Besteller zuvor fristgemäß den Kauf widerrufen habe. Das gelte auch dann, wenn es sich um einen Irrtum gehandelt habe.

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