nd-aktuell.de / 30.06.2010 / Politik

Wulff Bundespräsident - Zitterwahl für Koalition

Sieg mit Hängen und Würgen: Erst im dritten Anlauf schafft Merkels Kandidat Wulff trotz klarer Mehrheit die Wahl zum Bundespräsidenten. Die Hängepartie zerstört die Hoffnung von Schwarz-Gelb auf ein klares Signal der Geschlossenheit.
Berlin (dpa/ND) - Christian Wulff wird nach einem nervenzehrenden Abstimmungsdrama neuer Bundespräsident. Der bisherige niedersächsische Ministerpräsident setzte sich den Angaben zufolge nach stundenlanger Zitterpartie mit 625 Stimmen gegen den von SPD und Grünen nominierten Joachim Gauck (494) durch. In den ersten beiden Wahlgängen hatten Abweichler im schwarz-gelben Lager noch einen Sieg Wulffs verhindert.

In der Koalition war vor der Wahl befürchtet worden, dass Merkel und ihr Kandidat Wulff wegen des schlechten Erscheinungsbildes der Bundesregierung aus den eigenen Reihen einen Denkzettel bekommen. In den ersten beiden Wahlgängen verfehlte Wulff die absolute Mehrheit von 623 Stimmen, obwohl Union und FDP zusammen über 644 Stimmen verfügten. Im ersten Wahlgang fehlten Wulff mindestens 44 Stimmen aus dem eigenen Lager.

Die Entscheidung zugunsten Wulffs brachte auch die Linkspartei, die vor dem dritten Wahlgang ihre Kandidatin Luc Jochimsen zurückzog. Die Parteispitze gab zwar die Abstimmung frei, kündigte aber zugleich an, dass sich die Mehrheit ihrer Wahlleute enthalten werde. Damit war ein Erfolg Gaucks so gut wie ausgeschlossen.

Merkel hatte vor dem dritten Wahlgang eindringlich für den Kandidaten der Koalition geworben. »Lassen Sie uns im dritten Wahlgang ein kraftvolles Symbol abgeben«, sagte die CDU-Chefin nach Angaben von Teilnehmern in der Unionsfraktion.

FDP-Chef Guido Westerwelle machte die Union für das schlechte Abschneiden Wulffs im ersten Wahlgang verantwortlich. »Die Freien Demokraten jedenfalls werden Christian Wulff im zweiten Wahlgang erneut unterstützen - geschlossen, so wie wir es auch im ersten Wahlgang getan haben.«

In Umfragen unter der Bevölkerung hatte Gauck vor Wulff gelegen. Das Staatsoberhaupt wird aber nicht vom Volk direkt, sondern von der Bundesversammlung gewählt.

Der neue Bundespräsident soll an diesem Freitag in einer gemeinsamen Sitzung von Bundestag und Bundesrat vereidigt werden. Seine Amtszeit dauert fünf Jahre.

Über Horst Köhlers Nachfolger entschieden 1244 Wahlmänner und Wahlfrauen. Die absolute Mehrheit in den ersten beiden Wahlgängen lag bei 623 Stimmen. Die Bundesversammlung setzte sich zusammen aus den 622 Abgeordneten des Bundestags sowie ebenso vielen Mitgliedern, die von den Landesparlamenten entsandt wurden. Zumeist waren es Landtagsabgeordnete. Schwarz-Gelb hatte 21 Stimmen mehr als die absolute Mehrheit von 623 Stimmen.