nd-aktuell.de / 02.07.2010 / Politik / Seite 5

Atompoker im Bundesrat

Bremen und Rheinland-Pfalz stellen Antrag zur Zustimmungspflichtigkeit einer Laufzeitverlängerung

Marian Krüger
Zwei SPD-Länder mobilisieren im Bundesrat für die Zustimmungspflichtigkeit zur von Schwarz-Gelb geplanten Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke.

Die SPD-regierten Länder Bremen und Rheinland-Pfalz haben im Bundesrat einen Vorstoß gegen die Laufzeitverlängerung für die Atomkraftwerke unternommen. Die Länderkammer, so der simple Inhalt des Antrags, soll erklären, dass eine Änderung des Atomgesetzes mit dem Ziel, die Laufzeiten der AKW zu verlängern, zustimmungspflichtig ist. Die SPD-Länder können ihre Position auch auf ein Rechtsgutachten stützen, das der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichtes, Hans-Jürgen Papier, vor einiger Zeit für Umweltminister Norbert Röttgen geschrieben hat.

Demnach leitet sich die Zustimmungspflichtigkeit aus der Atomaufsicht ab, die die Länder im Auftrag des Bundes ausüben. Daraufhin präsentierte die CDU/CSU-Fraktion ein Gegengutachten des Verfassungsrechtlers Rupert Scholz, das genau das Gegenteil sagt. Eine Laufzeitverlängerung verleihe der Länderaufsicht über die AKW »keine qualitativ beziehungsweise wesentlich andere Bedeutung und Tragweite«, heißt es dort wolkig.

CDU-Länder koalitionstreu?

Mit dem unionsinternen Gutachtenstreit wird jedoch klar, dass es auch im Regierungslager ernsthafte Differenzen zur Verfassungsmäßigkeit einer Laufzeitverlängerung gibt, wenn die Länderkammer tatsächlich umgangen werden sollte. Deswegen bringt der Antrag nicht nur die Bundesregierung in Verlegenheit. Immerhin ist auch der Bundesrat ein Verfassungsorgan, das an der Gesetzgebung zu beteiligen ist. Wenn die CDU-regierten Länder nun koalitionstreu auf ihre Kompetenzen verzichten wollen, gehen sie das Risiko ein, bei einer Verfassungsklage, die SPD und Grüne gegen die Umgehung des Bundesrates angekündigt haben, vorgeführt zu werden.

Auch bei der Erhebung einer Brennelementesteuer, die die Koalition von den Energiekonzernen im Gegenzug zur Laufzeitverlängerung kassieren will, um ab kommendem Jahr 2,3 Milliarden Euro einzunehmen, will die Regierung den Bundesrat außen vor lassen. Gegenwärtig hat Schwarz-Gelb nur noch mit den Stimmen der in Nordrhein-Westfalen abgewählten Rüttgers-Regierung eine Mehrheit in der Länderkammer. Doch mit der bevorstehenden Installierung der rot-grünen Minderheitsregierung von Hannelore Kraft, ist auch diese bald endgültig futsch.

Für Umweltschäden zahlen

Dorothee Menzner, die energiepolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der LINKEN, hält es für »besorgniserregend, dass sich die Bundesregierung in ihrer Erfüllungspolitik gegenüber den Energiekonzernen über alle verfassungsrechtlichen Bedenken hinwegsetzt«. Die Konzerne, die jährliche Profite von über 20 Milliarden Euro einfahren, verlören mit einer Brennelementesteuer gerade mal ein seit Jahrzehnten bestehendes Subventionsprivileg. Zur Beteiligung an den volkswirtschaftlichen und ökologischen Schäden durch Atommüll müssten sie außerdem noch zur Kasse gebeten werden und zwar »ohne Laufzeitverlängerung«.