nd-aktuell.de / 12.07.2010 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 8

Computerwärme für Wohnungen

Rechenzentrum in Helsinki speist seine Abwärme in das Fernheiznetz der Stadt ein

Claudius Technau, Helsinki
Rechenzentren gehören inzwischen zu den Großverbrauchern von Energie. Ein Teil dieser Energie kann wieder genutzt werden. Das zeigt die Anlage unter der Uspenski-Kathedrale in Helsinki. Deren Abwärme wird in das Fernwärmenetz eingespeist.

Viele Rechenzentren sind wahre Energieschleudern. Insbesondere die Kühlung der immer leistungsfähigeren Systeme ist enorm energieaufwendig und verschlingt teilweise bis zu fünfzig Prozent der Unterhaltskosten. In Finnland macht der Energieerzeuger Helsingin Energia gemeinsam mit dem IT-Serviceanbieter Academica nun vor, wie sich die Energieeffizienz von Rechenzentren deutlich verbessern lässt.

Der Felsen unter der prächtigen Uspenski-Kathedrale, der größten orthodoxen Kathedrale West- und Nordeuropas, ist weitgehend ausgehöhlt. Hinter einer unscheinbaren grauen Stahltür erstrecken sich zahlreiche meterhohe Säle, die in der Vergangenheit unter anderem als Luftschutzkeller dienten. Jetzt entsteht hier eines der modernsten und energieeffizientesten Rechenzentren.

In den weiß getünchten Räumen ist es angenehm kühl – auch ohne Klimaanlage. Doch niedrige Raumtemperaturen sind längst keine Voraussetzung mehr für ein energiesparendes Data Center. In modernen Rechenzentren erfolgt die Kühlung direkt an den Servern. So auch in Helsinki. Innovativ sind jedoch die energieeffiziente Kühlung und die Nutzung der Abwärme. Die Server werden mit zentral erzeugter Fernkühlung gekühlt, und die von den Geräten abgegebene Wärme wird in das Fernwärmenetz der finnischen Hauptstadt eingespeist. Bei voller Auslastung – 160 Serverracks auf 600 Quadratmetern – produziert das Rechenzentrum Wärme für 500 große Einfamilienhäuser.

Gewöhnliche Rechenzentren weisen eine Energieeffizienz zwischen 1,5 und 2 auf. Der Effizienzfaktor beschreibt das Verhältnis zwischen Gesamtenergieverbrauch und der tatsächlich für den Computerbetrieb genutzten Energie. Bei einem Wert unter 1,5 gelten Rechenzentren heute als energieeffizient, das Rechenzentrum unter der Uspenski-Kathedrale erreicht den Faktor 1. »Wir wollen diesen Wert noch auf 0,5 drücken«, sagt Juha Sipilä, Projektleiter bei Helsingin Energia. Damit, so die Verantwortlichen, würde Helsinki das weltweit energieeffizienteste Rechenzentrum beherbergen.

Sipilä schätzt, dass der Primärenergieverbrauch des Helsinkier Rechenzentrums dank Fernkühlung nur ein Fünftel eines gewöhnlichen Rechenzentrums beträgt. Hinzu kommt die Nutzung der Abwärme. »Natürlich hätte man die Abwärme auch durch den Einbau einer Wärmepumpe nutzen können, aber das wäre nicht so effektiv gewesen«, erläutert Sipilä.

Für die Kunden von Academica lohnt sich der Einstieg in das grüne Rechenzentrum nicht nur aus Imagegründen. »Wir sparen mit diesem Rechenzentrum jährlich 600 000 Euro Stromkosten. Diese Einsparungen geben wir an unsere Kunden weiter«, sagt Academica-Marketingchef Pietari Päivänen. Entsprechend groß ist dann auch laut Päivänen die Nachfrage nach Servern in dem unterirdischen Rechenzentrum. »Wir planen in Helsinki bereits ein zehnmal größeres Rechenzentrum, das im Herbst eröffnet werden soll.«

Die Abwärme großer Rechenzentren kann durchaus im Megawatt-Bereich liegen Foto: dpa