nd-aktuell.de / 15.07.2010 / Kultur / Seite 17

Leseprobe

Menschenrechte

Die Verabschiedung der Menschenrechte durch die Vereinten Nationen 1948 kann als eines der bedeutendsten Ereignisse in der Geschichte der Menschheit betrachtet werden, da sich Länder unterschiedlichster Couleur auf eine ethische Grundlage im Umgang der Menschen miteinander einigten. Vieles von dem, was vor gut sechzig Jahren von den meisten Staaten der Welt unterzeichnet wurde, hat bis heute allerdings nur auf dem Papier seine Gültigkeit. In den letzten beiden Jahrzehnten trat zur absichtlichen Ignorierung von Menschenrechtsvereinbarungen durch staatliche Instanzen noch eine gezielte Kritik an diesen hinzu. Ein wesentliches Argument, wenn es um die Ablehnung der Menschenrechte geht, ist die Behauptung, dass diese nicht mit den eigenen kulturellen und religiösen Traditionen zu vereinbaren seien, da es sich ... ein westliches und modernes Konzept handle.

Wo die Ablehnung der Menschenrechtsidee gesamt oder in einzelnen Punkten durch einen Rückgriff auf die Religion geschieht ..., ist es notwendig zu klären, ob die jeweilige Religion nicht aus ideologischen Gründen zur Verhinderung der Durchsetzung von Menschenrechten instrumentalisiert wird. Denn Menschenrechte sind immer auch Stachel im Fleisch einer Kultur, welcher die eigenen Traditionen und Gewohnheiten angenehm geworden sind. Entscheidend ist also die Frage, ob die behauptete Nicht-Kompatibilität von Menschenrechten mit der eigenen Kultur tatsächlich in bestimmten Lehrgehalten gründet oder ob es sich ... nur um kulturelle Normen handelt, die religiös legitimiert werden.

Aus Katharina Cemings »Ernstfall Menschenrechte. Die Würde des Menschen und die Weltreligionen« (Kösel, 509 S., geb., 24,95 €).