nd-aktuell.de / 17.07.2010 / Politik / Seite 4

Quadratkreiser

Marcus Meier

Am Tag nach seiner Vereidigung zeigte sich der neue NRW-Finanzminister optimistisch: »Beim Haushalt kriegt man Mehrheiten hin«, prophezeite Norbert Walter-Borjans gestern. Er muss das betonen, es ist nicht selbstverständlich. Schließlich ist der Sozialdemokrat oberster Kassenwart einer rot-grünen Landesregierung, der eine Stimme zur Landtagsmehrheit fehlt – und manche Million.

Politik, Wirtschaft, Politik, Wirtschaft, Politik: Des Kölners Lebenslauf ist für deutsche Verhältnisse eher untypisch. Aufgewachsen in Meerbusch. Vater Schreiner, Mutter Schneiderin. Pfarrjugend, Pfadfinder. VWL-Studium in Köln und Bonn. Promotion. 14 Jahre arbeitete er in der Staatskanzlei von Ministerpräsident Johannes Rau. Seine Themen: Wirtschaft, Haushalt und Finanzen. Regierungssprecher unter Raus Nachfolger Wolfgang Clement. Wirtschaftsstaatssekretär im Saarland und in NRW. Seit 2006 Wirtschaftsdezernent, zeitweilig auch Kämmerer der Stadt Köln. Dazwischen Intermezzi in der Privatwirtschaft, so als PR-Berater. Er komme »aus dem Marketing«, sagt der 57-Jährige über sich.

Vielen galt Walter-Borjans als heißer Anwärter auf das neue Superministerium für Wirtschaft, Energie und Infrastruktur. Stattdessen muss er nun den geplanten Rekordschulden-Haushalt rechtfertigen: »In allen Bereichen, in denen ich in die Zukunft investiere, ist auch eine höhere Netto-Verschuldung gerechtfertigt.« Ob der klammen Landesfinanzen spricht er von einer Quadratur des Kreises: »Wir müssen verantwortungsbewusst mit dem Budget umgehen, aber auch die wichtigen Aufgaben des Landes erfüllen.«

Keynesianischen Ideen zur Ankurbelung der Wirtschaft ist Walter-Borjans eher abgeneigt. Im Januar 2009 – die Wirtschaftskrise nahte – verkündete der Kölner Wirtschaftsdezernent Walter-Borjans: Die Stadt könne nur einen »überschaubaren Beitrag zur Konjunkturbelebung leisten«; trotz unerwartet guter Kassenlage. Man müsse »genau hinsehen, was schnell wirkt und was verpufft und dann nur Haushaltslöcher hinterlässt«. Er setzte auf die »private Nachfrage« – mit der leicht schwachbrüstigen Begründung, dass »die Konsumenten im Weihnachtsgeschäft geradezu eine Antikrisenmentalität« gezeigt hätten.