Senkel aus der Einmannfabrik

Mit Qualitätsware will David Dietz den Großproduzenten die Stirn bieten

  • Michael Scheuermann, Freiburg
  • Lesedauer: 3 Min.
Eine kleine Schnürsenkelmanufaktur in Freiburg setzt auf Qualität statt Massenware.
David Dietz kürzt die Senkel auf das richtige Maß.
David Dietz kürzt die Senkel auf das richtige Maß.

Das Rattern aus der kleinen Fabriketage unweit der Freiburger Innenstadt schallt bis auf die Straße. Zwischen 40 Jahre alten Flechtmaschinen kontrolliert David Dietz, Firmenchef der wohl letzten Schnürsenkelmanufaktur Deutschlands, Geräte und Fabrikation. Unter ohrenbetäubendem Lärm spucken die Automaten im Schneckentempo runde, flache, ein- und mehrfarbige Schuhriemen aus. Mit hochwertigen Produkten in kleiner Stückzahl behauptet sich der 30-jährige Unternehmer gegen Großproduzenten. Von der Schweiz bis England ist seine Qualität gefragt. Auch die russische Skispringermannschaft fliegt mit Dietzschem Know-how.

Ob spezielle Schnurstärken, Farben, Längen und Materialien, »mit Massenware kann ich nicht mithalten«, räumt Dietz ein. Da seien große Firmen billiger. Er setzt auf robuste, leicht elastische Nylongarne. Die verbesserten den Tragekomfort und saugten sich nicht voll Wasser. Zu seinen Kunden zählen orthopädische Schuster, aber vor allem Fachgeschäfte.

Schuhmarktchef Willi Beck schwört auf Dietzsche Qualität. Besonders die große Palette von Halbschuhbändern bis zu zwei Meter langen Stiefelschnürriemen, überzeuge ihn. Die Kunden seiner Filialen in den südbadischen Wanderregionen Haslach und Zell nähmen die Senkel »vorbehaltlos an«.

Der orthopädische Schuhmacher Jörg Isele, der noch vergangene Saison die im Schwarzwald trainierenden russischen Skispringer mit individuellen Sprungstiefeln versorgte, ordert häufig Sonderanfertigungen aus Freiburg. »Auch mal nur 20 Paare mit speziellen Qualitätsanforderungen«, und in diesem Fall in den russischen Nationalfarben. Da könne kaum einer mithalten. Wegen der großen Reiß- und Knotenfestigkeit sei die Nachfrage bei Wintersportlern und auch bei Wanderern »recht gut«.

Dennoch ist der Absatzmarkt nicht mehr so einfach wie 1921 zu Zeiten des Großvaters und Firmengründers Gustav Adolf. Als Schnürsenkelvertreter aus dem Norden nach Freiburg gekommen, habe er damals schnell den Bedarf erkannt und schon ein Jahr später die Produktion gestartet. Bis in die 1980er lief das Geschäft gut. Doch mit der Verdrängung des Schuhfachhandels durch Discounter und die riesige fernöstliche Konkurrenz sank der Absatz stark.

Vor drei Jahren übernahm der gelernte Kfz-Mechaniker David den Betrieb. Da hatte Bruder Stephan die Firma schon weitgehend auf das lukrativere Geschäft mit Sammlerpuppenzubehör umgestellt. Neue Senkelvarianten, eine gefälligere Verpackung und ein interaktiver Internetauftritt bescherten dem Unternehmen bereits im ersten Geschäftsjahr 17 Prozent Umsatzsteigerung. 2009 brachte sogar 25 Prozent mehr, rechnet Dietz vor. Sein Vater und eine Auszubildende unterstützen ihn, vier Hilfskräfte arbeiten beim Versand – mit steigender Tendenz.

Chef David arbeitet zehn bis zwölf Stunden täglich, auch häufig an Samstagen. Er könne davon leben und die Eigenverantwortung mache ihm Spaß. Nur sein Hobby, das Rumschrauben an Oldtimern, liege »nun völlig darnieder«.

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