Die geheimen Konten des Jörg Haider

Woher kamen Millionen des Rechtspopulisten?

  • Manfred Maurer, Wien
  • Lesedauer: 3 Min.
Fast zwei Jahre nach seinem Unfalltod gibt Jörg Haider Rätsel auf: In Liechtenstein wurden jetzt seine Geheimkonten mit Millionen unbekannter Herkunft entdeckt.

Österreichs Justiz betreibt derzeit Vergangenheitsbewältigung. Aufzuarbeiten gilt es die Ära Jörg Haider, der in Kärnten als Landeshauptmann und in Wien als Strippenzieher in der Koalition mit der Österreichischen Volkspartei ein Sittenbild der österreichischen Politik geprägt hat. Allmählich lichten sich die Nebel um den Rechtspopulisten, der als Saubermann angetreten und im Oktober 2008 betrunken in den Tod gerast war. Der Verkauf der maroden Kärntner Hypo-Alpe-Adria-Bank, die der Bayerischen Landesbank – so der Verdacht – 2007 zu einem möglicherweise weit überhöhten Preis angedreht worden ist, sowie die Privatisierung von zehntausenden Bundeswohnungen (Buwog), bei denen Haider-Vertraute um den damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser mitgewirkt haben sollen, beschäftigen Staatsanwälte nicht nur in Österreich, sondern auch in Bayern.

Fast täglich tauchen in diesem Zusammenhang neue Verdachtsmomente auf. Jetzt wurden im Zuge der Hypo- und Buwog-Ermittlungen in Liechtenstein nicht weniger als 46 Briefkastenfirmen entdeckt, von denen ein Dutzend direkt Jörg Haider zugeordnet werden konnten. Auf den Konten dieser Firmen liegen fünf Millionen Euro, deren Herkunft ungeklärt ist. Die Ursprungsfrage stellt sich umso drängender, als es in Wirklichkeit um eine viel höhere Summe geht: Der Kontostand summierte sich nämlich schon einmal auf 45 Millionen Euro, was den Erklärungsbedarf entsprechend erhöht. Einfach erklärt ist nur das Schrumpfen der Summe. Jörg Haider war eben auch nur ein Politiker, der mit Geld nicht besonders gut umgehen konnte. Das Nachrichtenmagazin »profil« berichtet in seiner jüngsten Ausgabe unter Berufung auf Ermittler, dass ein Großteil der 45 Millionen Euro schon vor Jahren in waghalsigen Anlagegeschäften schlicht verspekuliert worden sei.

Woher das Spielgeld gekommen ist, bleibt zumindest vorerst aus ermittlungstaktischen Gründen streng vertraulich. Der Verdacht auf eine Verbindung zur Hypo-Alpe-Adria drängt sich jedoch auf: Die Briefkastenfirmen waren überwiegend im Umfeld der im liechtensteinischen Schaan ansässigen Alpe-Adria-Privatbank, einer früheren Tochter der Klagenfurter Hypo Alpe-Adria, angesiedelt.

Für drei Weggefährten Jörg Haiders könnte es nun eng werden. Denn sie sind bis heute für diese Konten zeichnungsberechtigt. Einer der engsten Vertrauten des Kärntner Rechtspopulisten war sein damaliger Pressesprecher Stefan Petzner. Der bestreitet angesichts der Faktenlage auch gar nicht mehr die Existenz der Liechtensteiner Geheimkonten, sondern weist nur den im Raum stehenden Korruptionsverdacht zurück. Es handle sich garantiert nicht um Schmier- oder Schwarzgeld, beteuert Petzner, dessen Nahverhältnis zu Haider immer wieder auch Gegenstand homoerotischer Spekulationen gewesen war.

Der heutige Abgeordnete des Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) reagiert, wie Rechtspopulisten immer reagieren, wenn sie sich in die Enge getrieben fühlen: Sie bedauern sich als Opfer einer Verschwörung finsterer Mächte: »Das ist ein Versuch von rot-schwarzen Richtern und Staatsanwälten, Jörg Haider über die Hypo-Causa kaputt zu machen und Kärnten zu schaden«, meint Petzner. Zur Herkunft des Geldes sagt er freilich ebenso wenig wie Haiders Witwe Claudia, die von den Millionenkonten gar nichts gewusst haben will.

So bleiben vorerst nur Spekulationen über die Provenienz der Gelder. Eine mögliche Quelle könnte der libysche Revolutionsführer Muammar el Gaddafi gewesen sein. Die Zeitschrift »profil« zitiert einen ungenannt bleibenden Haider-Vertrauten sogar mit einem Eingeständnis: »Gaddafi hat uns vor Wahlkämpfen immer wieder Geld zukommen lassen.« Wirklich überraschend wäre das nicht: Dass Haider ein freundschaftliches Verhältnis zu Gaddafi und insbesondere dessen Sohn Saif pflegte, war kein Geheimnis.

Selbst wenn an der Libyen-Connection etwas dran sein sollte, wären damit aber kaum die gesamten Geldströme erklärbar. Mit Ausnahme des BZÖ fordern nun alle Parteien volle Aufklärung über die Herkunft der großteils verzockten Millionen. Bayern wird wohl ganz besonders interessieren, ob auch Hypo-Millionen in Liechtenstein gelandet sind. Das von den Ermittlern dort eingesammelte Material dürfte jedenfalls ein paar Fortsetzungen der unendlichen Geschichte des Jörg Haider garantieren.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal