nd-aktuell.de / 10.08.2010 / Sport / Seite 19

Demontage des eigenen Denkmals

Golf-Superstar Tiger Woods wird in Ohio Vorletzter – das schlechteste Ergebnis seiner Profikarriere

Rainer Fülscher, dpa
Tiger Woods steht nach der schwärzesten Stunde seiner glänzenden 14-jährigen Golfkarriere vor einem Trümmerhaufen. So schlecht wie am Wochenende beim Turnier in Ohio hat der Superstar nicht einmal als Amateur gespielt.

Den Sturz vom Thron der Weltrangliste hat Tiger Woods vermieden. Nicht weil der Superstar aus den USA selbst die nötigen Punkte einspielen konnte, sondern weil sein Landsmann und Dauerrivale Phil Mickelson die Gunst der Stunde beim WGC Invitational in Ohio nicht nutzte. Die Demontage seines Images als unangreifbarer Überflieger aber hat Woods mit seinem Auftritt selber eingeleitet – ausgerechnet bei dem Turnier, das der 14-malige Major-Sieger seit 1999 bereits siebenmal gewinnen konnte, zuletzt im Vorjahr.

Eine Woche vor dem vierten Major-Turnier des Jahres und knapp zwei Monate vor dem Ryder Cup in Wales hat Woods sportlich den absoluten Tiefpunkt erreicht. Seine 77er- Schlussrunde auf der Anlage in Akron, seine Gesamtschlagzahl von 298 und seine Endplatzierung als 78. und Vorletzter waren die schlechtesten Ergebnisse seiner glanzvollen Laufbahn überhaupt. Bei seinen elf Starts in Ohio zuvor war er nie schlechter als auf Rang fünf gelandet.

»Ich werde nicht im Ryder Cup spielen, wenn ich so weiter mache. Ich würde dem Team nicht helfen können in dieser Form«, sagte Woods, der direkt nach dem letzten Putt seine Taschen packte und schnell zum nächsten Turnier nach Whistling Straits in Wisconsin aufbrechen wollte. »Ein Ergebnis von 18 über Par macht natürlich keinen Spaß.«

Selbst als Amateur hatte Woods nie so schlecht gespielt wie an diesem Wochenende auf seinem Lieblingsplatz im Firestone CC. Sein vor zehn Jahren gespielter Platzrekord von 259 Schlägen, 39 weniger als am Sonntag, ist nur noch Geschichte.

Seit 270 Wochen führt Woods ununterbrochen – und 612 Wochen insgesamt – die Weltrangliste an. Aber die sportliche Krise, die Skandale nach seinem öffentlichen Bekenntnis zum Ehebruch und die drohende Scheidung von seiner Frau Elin haben aus dem strahlenden Held von einst einen Flüchtling vor sich selbst gemacht. Seinen Trainer hat er vor Monaten entlassen und seitdem bei acht Turnierstarts nicht gewinnen können. Zwei vierten Plätzen beim Masters und den US Open folgten immer schlechtere Resultate.

»Ich glaube, ich kann das ganze noch drehen«, sagte Woods. »Aber ich muss den Ball besser treffen, besser chippen und besser putten.« Leichter gesagt als getan. Woods war mit der Vorstellung nach Ohio gekommen, dass er alle benannten Parameter wieder bestens beherrsche, nachdem er Ende Juli wie eine Berserker trainiert hatte. Nach dem Debakel von Akron hat sich alles nur als große Illusion erwiesen.