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Hauptstadt-Hype nur von kurzer Dauer?

Institut der deutschen Wirtschaft Köln sieht Berliner Aufschwung skeptisch

  • Burkhard Fraune, dpa
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Freude war groß: Ein Institut bescheinigte der Berliner Wirtschaft große Sprünge. Zwei Tage später blickt ein anderes Institut in die Zukunft – und sieht den Rückfall auf hintere Plätze.

Berlin wird beim Wirtschaftswachstum schon bald wieder hinter andere Bundesländer zurückfallen. Davon geht das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) aus.

»Der Hauptstadt-Hype dürfte nur von kurzer Dauer sein«, teilten die Wirtschaftsforscher am Freitag mit. Zwei Tage zuvor hatte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin der Bundeshauptstadt eine gute Bilanz ausgestellt: Die Wirtschaftsleistung sei an der Spree von 2004 bis 2009 im Jahresdurchschnitt um 1,7 Prozent gewachsen, der höchste Wert aller Länder bei einem Bundesdurchschnitt von 0,5 Prozent. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sah sich bestätigt.

Die Kölner Forscher blicken nun in die Zukunft und meinen, dass industriestarke Bundesländer wie Bayern und Baden-Württemberg schon bald wieder stärker wachsen als Berlin. Weil sie exportabhängiger sind, hätten sie in der weltweiten Krise stärkere Einbußen verzeichnet als Berlin. Nun würden sie auch stärker wieder zulegen. Die Wissenschaftler sind überzeugt: »Schon im laufenden Jahr kehrt die vertraute Rangfolge ein. Die Industrie erholt sich schneller als gedacht.«

Das bestätigen Zahlen, die das Statistische Bundesamt am Freitag vorlegte: Das deutsche Bruttoinlandsprodukt ist, getrieben vom Export, im zweiten Vierteljahr 2010 um 2,2 Prozent gewachsen und damit so stark wie seit der Wiedervereinigung nicht. Entsprechende Zahlen für Berlin gibt es Mitte September.

Die Wirtschaftsforscher aus dem Rheinland sehen durchaus Gutes in Berlin: Die Stadt habe die Jahre des Aufschwungs von 2005 bis 2008 genutzt, gestehen die Fachleute zu. Aber wie schon das DIW verweisen die Kölner auf die Arbeitslosigkeit, bei der Berlin Schlusslicht in Deutschland ist. »Der Städtetourismus, die Regierungsfunktionen und die boomenden Kreativ- und Gesundheitsbranchen können eben doch nicht eine florierende Industrie ersetzen.«

Die Forscher loben indes, dass der Senat das verarbeitende Gewerbe in seine Wirtschaftsstrategie stärker einbeziehen will. Zugleich prognostizieren sie einen schweren Schlag für die Berliner Wachstumsstatistik: Wenn der Flughafen Tegel 2012 schließt und der gesamte Flugverkehr am neuen Flughafen im brandenburgischen Schönefeld abgewickelt wird, verliere Berlin einen entscheidenden Wirtschaftsfaktor und tausende Arbeitsplätze – wenn auch nur rechnerisch.

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