Blitzerfoto bremst CDU-Kandidatin im Wahlkampf

Einstige Justizministerin Barbara Richstein beteuert: »Ich will nicht zu Verkehrsverstößen auffordern«

  • Johannes Frewel, AFP
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Kandidatin sitzt am Steuer eines Flitzers, ihre Augen sind vor Schreck weit geöffnet, und unter dem Foto prangt der Slogan »Mehr Tempo für Potsdam«. Mit dem leicht unscharfen und schwarz-weißen Bild in der Optik eines Radarfallenfotos wirbt die CDU-Politikerin Barbara Richstein um Stimmen für die Oberbürgermeisterwahl am 19. September. Doch das flotte Wahlplakat hat der früheren Justizministerin nicht nur Aufmerksamkeit, sondern auch viel Kopfschütteln eingehandelt.

Richstein will die Kritik an ihrem Plakat nicht verstehen: »Ich will natürlich nicht zu Verkehrsverstößen auffordern«, sagt die 44-Jährige. Ihre Kampagne spielt selbstironisch auf ein unliebsames persönliches Erlebnis an, das die katholische Schwäbin vor einigen Jahren auf einer märkischen Allee hatte. Dort wurde sie bei einer Tempofahrt in ihrem Cabrio im Frühjahr 2002 geblitzt. Neben einer saftigen Geldbuße musste die Rechtsanwältin damals ihren Führerschein für einen Monat abgeben.

Die Angelegenheit wurde damals zu einem Politikum, weil Richstein Widerspruch gegen das Knöllchen eingelegt hatte. Den Widerspruch zog sie kurz vor ihrem Eintritt ins Kabinett als Justizministerin zurück.

Politisch heikel wird das Plakat aber vor allem dadurch, dass die Zahl der registrierten Verkehrssünder in Brandenburg bundesweit die höchste ist, wie gerade bekannt wurde.

Das Plakat mag zwar einen hohen Identifikationsgrad zwischen der Kandidatin und den Autofahrern in Brandenburg schaffen. Viele von ihnen sind noch immer verärgert über den einstigen Innenminister Jörg Schönbohm (CDU), der eine besonders harte Linie gegen Temposünder fahren ließ. Richsteins früherer Kabinettskollege machte den Polizisten Vorgaben, mit Radar und roter Anhaltekelle bestimmte Mindestbeträge an Bußgeldern für die Landeskasse zu erwirtschaften.

Der heutige Innenminister Rainer Speer (SPD) hob diese Zielvorgaben erst vor Kurzem auf. Die flächendeckenden Radarkontrollen bleiben jedoch. Aber die eigentliche Botschaft des Plakats ist bei all dem Wirbel um das Radarfallenmotiv etwas in den Hintergrund geraten – nämlich die Ankündigung Richsteins, dass sie als Rathauschefin die Stadtentwicklung Potsdams beschleunigen würde.

Der seit acht Jahren amtierende Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) hält sich derweil aus der Blitzerfotodebatte vornehm heraus. Für ihn ist Richstein keine wirklich ernstzunehmende Rivalin. Dafür ist die CDU in der Landeshauptstadt traditionell zu schwach. Jakobs' wirklicher Rivale bei seiner Kandidatur für eine weitere Amtszeit ist Hans-Jürgen Scharfenberg von der Linkspartei.

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