nd-aktuell.de / 16.08.2010 / Politik / Seite 5

LINKEN-Chef Klaus Ernst erneut in den Schlagzeilen

Partei-Schatzmeister in Bayern erhebt schwere Vorwürfe – Landessprecher fordern dessen Rücktritt wegen politischem Rufmord

Rolf-Henning Hintze, München
Linksparteichef Klaus Ernst hat erneut Ärger in den eigenen Reihen. Dieses Mal geht es um möglicherweise manipulierte Wahlen auf Parteitagen. Der Verdacht: Wichtige Personalentscheidungen wären bei korrektem Ablauf eventuell anders ausgefallen.

Ein schweres Zerwürfnis belastet den bayerischen Landesverband der LINKEN. Nach massiven Vorwürfen, die Landesschatzmeister Ulrich Voß in einem internen Dossier erhob und aus dem die »Süddeutsche Zeitung« am Wochenende zitierte, forderten Landessprecherin Eva Mendl und der kommissarische Landessprecher Xaver Merk Voß auf, sein Amt umgehend niederzulegen. Sie warfen ihm »ungeheuerliche Verleumdungen ohne einen einzigen Beleg« vor. Wer wie Voß haltlose Manipulationsvermutungen in den Raum stelle, begehe politischen Rufmord und schade der LINKEN, heißt es in einer Presseerklärung. Voß war am Wochenende nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Der Landesschatzmeister hatte dem Landesverband in einem Dossier »ausgeprägte undemokratische Strukturen« vorgeworfen sowie »möglicherweise Tricks, um die Mehrheiten auf Landesparteitagen zu verändern«. Er hege den »starken Verdacht, dass von alledem vor allem der Ernst-Flügel in der Partei profitiert hat«.

Die »Süddeutsche Zeitung« stellte daraufhin die Frage, ob der heutige Parteivorsitzende Klaus Ernst die Mehrheit von 57 Prozent, mit der er im Frühjahr 2009 zum bayerischen Spitzenkandidaten bei der Bundestagswahl gewählt wurde, »ohne Manipulationen bei den Mitglieder- und Delegiertenzahlen« erhalten hätte. Dem hielt Landessprecherin Mendl entgegen, an der Rechtmäßigkeit der Aufstellungsversammlung und des Parteitags der bayerischen LINKEN im Jahr 2009 gebe es keinen Zweifel. Es sei dagegen auch keinerlei Widerspruch innerhalb der Fristen eingegangen. Sie wies gegenüber ND darauf hin, dass Ernst bei der Aufstellungsversammlung sieben Gegenkandidaten hatte, deshalb sei sein relativ niedriger Stimmenanteil nicht überraschend gewesen.

In seinem Dossier hat Voß dem Landesvorstand »schwerste Regel- und Satzungsbrüche« vorgeworfen und dies unter anderem damit begründet, dass der Landesvorstand verhindert habe, die Mitgliedschaft von 28 Mitgliedern des Kreisverbandes Aschaffenburg aufzuheben. Der kommissarische Landessprecher Xaver Merk erklärte dazu am Sonntag auf Anfrage, der Landesvorstand habe dafür Sorge zu tragen, dass der Satzung Genüge getan werde: Ein Kreisvorstand aus nur zwei Mitglieder könne nicht zur Mitgliederversammlung einladen.

Die Kritik des Landesschatzmeisters richtet sich auch dagegen, dass in Nürnberg ein Parteibüro gemeinsam vom dortigen Kreisverband, dem Landesverband und dem Bundestagsabgeordneten Harald Weinberg getragen wird. Er leitete daraus einen Verstoß gegen das Parteienfinanzierungsgesetz ab. Weinberg wies das zurück und betonte, die Büros seien strikt getrennt und jeweils abschließbar. Von einer verdeckten Parteienfinanzierung könne keine Rede sein.

Der Landesschatzmeister, der der Strömung Antikapitalistische Linke nahe steht und bis zu seiner Wahl in der Landespartei weitgehend unbekannt war, kündigte gegenüber dem »Spiegel« an, dass er seine Unterschrift unter den aktuellen Rechenschaftsbericht der Landespartei 2009 verweigern wird. Damit ist der Rechenschaftsbericht der Bundespartei unvollständig. Sollte die Bundespartei nicht bis Ende September einen vollständigen Rechenschaftsbericht abgeben können, drohen ihr empfindliche Geldstrafen.

Ernst wies die neuen Vorwürfe als »haltlos« und »vollkommen absurd« zurück. »Es handelt sich um eine üble Intrige des noch amtierenden Landesschatzmeisters Ulrich Voß«, sagte der Parteichef zu Stern.de.