nd-aktuell.de / 25.08.2010 / Ratgeber / Seite 6

Wird nun eine Flut von Anträgen kommen?

Verfassungsgerichtsurteil / Sorgerecht

Am 21. Juli 2010 entschied das Bundesverfassungsgericht unter dem Geschäftszeichen 1 BvR 420/09, dass der Ausschluss des Vaters eines nichtehelichen Kindes von der elterlichen Sorge bei Zustimmungsverweigerung der Mutter verfassungswidrig sei. Der Ratgeber wird sich in Abständen weiterhin mit diesem Thema mit diesem Thema befassen.

Grundlage der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist die bisherige gesetzliche Regelung seit dem 1. Juli 1998, dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Kindschaftsrechtes, nach der Eltern eines nichtehelichen Kindes, unabhängig davon, ob sie zusammenleben, durch § 1626 a BGB die Möglichkeit eröffnet wurde, die elterliche Sorge für ihr Kind gemeinsam auszuüben. Voraussetzung hierfür ist/war, dass dies dem Willen der Eltern entspricht und beide Elternteile eine entsprechende Sorgerechtserklärung abgeben.

Soweit die Mutter dem nicht zustimmte/zustimmt, erhielt sie die alleinige Sorge. Eine Übertragung auf den Vater des nichtehelichen Kindes konnte nach § 1672 Abs. 1 BGB auch bei dauerhaftem Getrenntleben der Eltern nur mit Zustimmung der Mutter erfolgen, d. h. bei einem entsprechenden Antrag des Kindesvaters konnte das Familiengericht gegen den Willen der Mutter keine anderweitige Entscheidung treffen.

Mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes wurde diese gesetzliche Regelung nunmehr als verfassungswidrig erklärt – unvereinbar mit dem Elternrecht des Vaters aus Artikel 6 Abs. 2 Grundgesetz. Nun wurde dem Gesetzgeber ein entsprechender Prüfungsauftrag erteilt. Der basiert auch auf einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 3. Dezember 2009, dass der grundsätzliche Ausschluss einer gerichtlichen Überprüfung der ursprünglichen Zuweisung der Alleinsorge an die Mutter im Hinblick auf den verfolgten Zweck, nämlich den Schutz des Wohls eines nichtehelichen Kindes, nicht verhältnismäßig sei.

Bis zum Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung hat das Bundesverfassungsgericht vorläufig angeordnet, dass die Familiengerichte den Eltern auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil davon gemeinsam übertragen, soweit zu erwarten ist, dass dies dem Kindeswohl entspricht. Auch soll dem Vater auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder ein Teil davon allein übertragen werden können, soweit eine gemeinsame elterliche Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass dies dem Kindeswohl am besten entspricht.

Die bisherige alleinige Entscheidung der Mutter eines nichtehelichen Kindes zu ihrem alleinigen Sorgerecht hat der Gesetzgeber insofern zu prüfen, ob eine gemeinsame Sorgetragung beider Eltern als weniger einschneidende Regelung in Betracht kommt.

Es bleibt abzuwarten, welche gesetzliche Neuregelung getroffen werden wird. Es ist mit einer Vielzahl von Anträgen bei den Familiengerichten zu rechnen für die Fälle, bei denen Eltern eines nichtehelichen Kindes getrennt leben und es Probleme z. B. mit dem Umgang des gemeinsamen Kindes gibt. Auch diesbezüglich wird abzuwarten sein, wie die Familiengerichte bis zu einer neuen gesetzlichen Regelung entscheiden.

UTE MALINOWSKI,

Rechtsanwältin, Berlin-Pankow