Wohltaten für die Reisenden

Darmstadt Hbf und Baden-Baden als schönste Bahnhöfe 2010 ausgewählt

  • Erich Preuß
  • Lesedauer: 3 Min.
Nach der Auswahl durch eine fünfköpfige Jury hat die »Allianz pro Schiene« bekanntgegeben, wer in diesem Jahr den Titel »Bahnhof des Jahres« erhält: der Hauptbahnhof von Darmstadt und der Bahnhof Baden-Baden.

Jurymitglied Karl-Peter Naumann vom Fahrgastverband Pro Bahn sagte bei einer Pressekonferenz am Mittwoch in Berlin, das ansonsten im Fernverkehr als unbedeutend angesehene Bahnhofsgebäude in Darmstadt sei »eine Wohltat für Reisende«. Auch der Anschluss zur Stadt sei sehr gelungen durch die strikte Trennung des Autoverkehrs von den Öffentlichen Verkehrsmitteln auf dem Bahnhofsvorplatz und die vorbildliche Information über Anschlussfahrtmöglichkeiten. Die Renovierung des Jugendstilbauwerks im Jahr 2000 sei zudem architektonisch bestens gelungen. Ein besonderes Schmuckstück sei der Restaurantanbau »Fürstenbahnhof«, der nun mit historischem Namen und dem Zusatz »Bar, Restaurant, Lounge« um Gäste wirbt.

Baden-Baden, wie der frühere Bahnhof Baden-Oos heißt, seitdem es in der Mitte der Kurstadt keinen Bahnhof mehr gibt, gehört zu den kleineren Gebäuden. »Bahnhofscafé, Hotel, Busbahnhof, alles ist hier unter einem Dach«, schwärmte Monika Ganseforth vom Verkehrsclub Deutschland und ebenfalls Jury-Mitglied. Ihr hatten es der breite, helle Personentunnel, die kunstvollen Schilder aus der Zeit des Großherzogtums und die blitzblanke Bahnhofshalle angetan.

Einen Sonderpreis erhielt der Bahnhof Eschwege, der durch die deutsch-deutsche Grenze ins Abseits geraten war. Die Deutsche Bundesbahn legte ihn 1985 still; als Ersatz musste der Westbahnhof fern der Stadt genügen. Reisende empfanden ihn als gruselig. Besonders der Nordhessische Verkehrsverbund setzte sich für die Wiedereröffnung des früheren Bahnhofs ein. Der »verlorene Sohn« kehrte im Dezember 2009 zurück, wie es Naumann formulierte. Er bestand auch die strenge Prüfung durch Fachleute.

Die meisten Bahnhöfe fallen dabei durch, wie Dirk Flege, Geschäftsführer der »Allianz pro Schiene« bemerkte. Denn bereits schmutzige Toiletten bedeuten ein Aus bei der Wahl zum »Bahnhof des Jahres«, ebenso das Fehlen von Personal, Sicherheitsmängel oder Barrieren für Behinderte. Schon deshalb kam seit 2004 kein Bahnhofsgebäude aus Nordrhein-Westfallen in die engere Wahl.

»Die Sehnsucht nach guten Bahnhöfen wächst«, erklärte Flege, »aus Kundensicht ist rund die Hälfte der Bahnhofsgebäude unbefriedigend.« Dabei verloren wegen der angestrebten Rentabilität des Geschäftsbereichs Personenbahnhöfe der Deutschen Bahn immer mehr Bahnhöfe und Haltepunkte ihre Gebäude, die bis dato zumindest zum Fahrkartenkauf und zum Aufwärmen an kalten Wintertagen gedient hatten. Auch wenn Gebäude verkauft wurden und einige als Museum, Rathaus oder Bibliothek genutzt schmuck aussehen, andere wiederum mit einer Shopping-Glitzerwelt blenden, so sind doch die vernachlässigten Bahnhofsgebäude weder ein Schmuckstück für die Deutsche Bahn noch für die jeweilige Stadt.

Die Fotoausstellung »Bahnhöfe des Jahres 2004 bis 2010« ist bis zum 7. September im Hauptbahnhof Berlin zu sehen. Danach macht sie Station in Hamburg-Dammtor sowie den Hauptbahnhöfen von Darmstadt, Hannover, Erfurt, Mannheim und Karlsruhe.

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