Kalkulierter Eklat

  • Harald Neuber
  • Lesedauer: ca. 2.5 Min.

Natürlich wollte Miguel Henrique Otero provozieren. In den frühen Morgenstunden des 13. Augusts kündigte der Herausgeber der oppositionellen venezolanischen Tageszeitung El Nacional einen Skandal an. Man werde »einige Beispiele journalistischer Pornografie« zeigen, so der ironische Kommentar des erklärten Regierungsgegners auf seiner Seite des Microblogs Twitter. Wenig später wurde die Tagesausgabe im Netz freigeschaltet. Drei Viertel des Titelblatts füllte ein schockierendes Foto von obduzierten und nackten Toten in einer Leichenhalle der Hauptstadt Caracas aus. Mutmaßlich Mordopfer. Mutmaßlich im Dezember 2009 fotografiert. Man habe auf das Gewaltproblem im Land unter der Regierung von Hugo Chávez hinweisen wollen, verteidigte sich Otero.

Die Verteidigung – das war ihm klar – war nötig. Während Regierungsgegner die Provokation als Fall für den Pulitzer-Preis feierten, stellten regierungsnahe Gruppen Strafanzeige. Das vers...


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