Mit Betrunkenen auf der Straße rechnen

Verkehrsrecht

  • Lesedauer: 2 Min.
Autofahrer müssen in der Umgebung von Volksfesten ihre Geschwindigkeit den Gegebenheiten anpassen. Bei einem Unfall mit Betrunkenen können sie sonst zur Mithaftung verurteilt werden. So sind beispielsweise während der Oktoberfeste stets eine Menge Betrunkener unterwegs, bei denen nicht immer erwartet werden kann, dass sie sich an die Verkehrsregeln halten.

Eine Motorradfahrerin fuhr während des Oktoberfestes 2006 um Mitternacht mit einer Geschwindigkeit von 40 bis 50 km/h, als ein angetrunkener Münchner Wies'n-Besucher bei Rot direkt vor ihr Motorrad lief. Sie stürzte, wodurch sie mehrere Verletzungen erlitt. Auch das Motorrad wurde beschädigt. Insgesamt betrug der Sachschaden rund 2500 Euro. Diesen wollte sie vom Schadensverursacher ersetzt bekommen. Zudem forderte sie 1000 Euro Schmerzensgeld. Da der Oktoberfest-Besucher nicht zahlte, klagte sie.

Der Wies'n-Besucher argumentierte damit, dass er bei Grünlicht auf die Kreuzung gegangen sei. Ein Freund habe ihm etwas zugerufen. Er habe sich daraufhin umgedreht, doch dabei müsse die Ampel von Grün auf Rot gesprungen sein.

Der Richter des Amtsgerichts München sprach der Motorradfahrerin nur die Hälfte des Sachschadens zu. Der Fußgänger sei auch dann zur Hälfte Schuld, wenn er tatsächlich bei Grün losgegangen wäre, da er die Straße nicht zügig überquert habe. Er habe angehalten und sich zu seinem Bekannten umgedreht und so ein Hindernis auf der Straße gebildet.

Aber auch die Motorradfahrerin trage eine Mitschuld am Unfall. Zur Oktoberfestzeit seien »nächtens amtsbekannt größere Mengen Betrunkener« unterwegs, so das Gericht, bei denen nicht immer erwartet werden könne, dass sie die Verkehrsregeln einhalten. Die Motorradfahrerin hätte daher ihre Geschwindigkeit den Gegebenheiten anpassen müssen. Unter Berücksichtigung dieses Mitverschuldens habe sie auch keinen Anspruch auf Schmerzensgeld.

Urteil des Amtsgerichts München vom 15. Mai 2009, Az. 331 C 22085/07

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