• Kalenderblatt

H. J. Nohl

  • Martin Stolzenau
  • Lesedauer: 2 Min.

Er gilt als »Motor der pädagogischen Reformbewegung«, gab ihr ein theoretisches Fundament und war eine Schlüsselgestalt für die Bildungspolitik der jungen Bundesrepublik: Hermann Julius Nohl (Foto: Archiv).

Der 1897 Geborene entstammte einer Familie, die über mehrere Generationen verdienstvolle Theologen, Philologen und vor allem Pädagogen hervorgebracht hatte. Sein Vater, ein namhafter Altphilologe, war Lehrer am Berlinischen Gymnasium zum Grauen Kloster. Nach dem frühen Tod seiner Mutter und der Wiederverheiratung des Vaters erhielt der junge Nohl eine Stiefmutter, die die fünf Kinder aus beiden Ehen sehr umsorgte. Nohl sprach später von einer »idyllischen Kindheit«. Eigentlich wollte er Medizin studieren, schreckte aber vor der Anatomie zurück. So studierte er nach dem Abitur am Grauen Kloster in Berlin Geisteswissenschaften und kam in die Obhut von Wilhelm Dilthey, der 1904 auch seine Dissertation »Sokrates und die Ethik« betreute.

Nach der Heirat mit Bertha Oser, Tochter eines Chemieprofessors aus Wien, die er auf einer Reise in Kärnten kennengelernt hatte, wechselte der aufstrebende Gelehrte 1907 nach Jena. Der Erste Weltkrieg unterbrach seine Forschungsarbeiten. Nach seiner Heimkehr gründete er mit Gesinnungsfreunden die für Thüringen pionierhafte Volkshochschule. Dies und bemerkenswerte Veröffentlichungen über Reformpädagogik trugen ihm 1920 eine Professur in Göttingen ein. In seinen Vorlesungen, Vorträgen und Schriften vertrat er progressive sozialpädagogische Positionen. Er gab eine »Jugendwohlfahrt« heraus und ein fünfbändiges »Handbuch der Pädagogik«. Wohl auch durch sein Postulat der relativen Autonomie der Erziehung frei von Ideologien wurde er von den Nazis 1937 entlassen. Nohl, dessen Kinder mehrheitlich ins Exil gingen, wurde im Krieg zur Fabrikarbeit verpflichtet.

Nach 1945 war er Stadtschulrat in Göttingen, wurde Pädagogik-Dekan der Universität und gründete ein neues Institut, das starken Einfluss auf die Nachkriegspädagogik der jungen Bundesrepublik hatte. Man sprach von der »Göttinger Schule«. Der mit vielen Auszeichnungen, u. a. dem Großen Bundesverdienstkreuz, geehrte Nohl starb am 27. September 1960.

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