Nur noch Utopien sind realistisch
Der Sozialphilosoph Oskar Negt sollte in Berlin über Öffentlichkeit und Demokratie sprechen. Daraus wurde ein leidenschaftliches Plädoyer für demokratische Öffentlichkeit
Mitten in seinem Vortrag wird Oskar Negt jäh unterbrochen. Gerade eben hat der Soziologe beim Kongress »Demokratie und Öffentlichkeit« vergangenes Wochenende in Berlin von der betriebswirtschaftlichen Mentalität gesprochen, die sich »überall hineinfrisst in die Opernhäuser, Schauspielhäuser und Schulen«, da ruft eine Frau dazwischen: »Kann nicht endlich auch mal von Zivilgesellschaft gesprochen werden?« Negt spricht weiter, doch die Frau lässt nicht locker, trotz der Saalordner, die mittlerweile unruhig werden. Kaum werde Protest artikuliert, werde man auch schon zum Schweigen gebracht, ruft die etwa 50-jährige Frau erneut dazwischen. Schließlich wird es Negt zu bunt. »Sie unterbrechen mich andauernd, so dass ich meinen Faden verliere.« Demokratische Öffentlichkeit könne aber nur funktionieren, wenn man den anderen ausreden lasse. Das Publikum lacht, doch die Frau gibt nicht auf. »Ich bin die proletarische, Sie inzwischen die bürgerlic...
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