Mit 16 reif für die Demokratie

Netzwerk fordert aktives Wahlrecht für Jugendliche auf Landesebene / Verfassungsänderung nötig

  • Nissrine Messaoudi
  • Lesedauer: 2 Min.

Es gibt vieles, das 16-Jährige dürfen – wählen gehört nicht dazu. Das soll sich ändern, fordert das Netzwerk Wahlalter 16 und setzt sich für eine Verfassungsänderung ein, damit auch 16-Jährige in Berlin auf Landesebene mitbestimmen können. Seit 2005 können 16-Jährige bereits auf Bezirksebene wählen. Doch das geht dem Netzwerk, das insgesamt aus 13 verschiedenen Organisationen besteht, nicht weit genug.

»Jugendliche sind wie Erwachsene von politischen Entscheidungen betroffen, deshalb sollten sie mit einbezogen werden«, sagte Tilmann Weickmann vom Landesjugendring Berlin, bei der gestrigen Vorstellung des Netzwerkes. Bei der Wahl zur Bezirksverordnetenversammlung 2006 habe sich gezeigt, dass junge Menschen ein Interesse an politischen Prozessen haben. »Etwa die Hälfte der 16- und 17-Jährigen haben sich an der Wahl beteiligt. Das entspricht der allgemeinen Wahlbeteiligung von 56 Prozent«, erklärte Tilmann.

Die Argumente der Kritiker, Jugendliche wüssten zu wenig über politische Prozesse, weist die Initiative zurück. Das Verständnis für Themen wie Arbeitsmarktpolitik oder Wirtschaftsfragen sei bereits im frühen Alter gegeben, weiß Karin Bremer von der Drehscheibe Kinder- und Jugendpolitik Berlin. »In Berlin sind rund 22 Prozent der Ausbildungsanfänger unter 18. Wer einen Beruf ergreifen kann, sollte auch wählen dürfen«, so Bremer. Außerdem müsse das Wahlrecht nicht an die Volljährigkeit gekoppelt sein.

Ob ein Bürger gut informiert sei und politische Entwicklungen verfolge, dürfe ohnehin nicht ausschlaggebend sein für das Recht, seine Stimme abzugeben, findet Jugendforscher Klaus Hurrelmann. »Wir fragen einen 55-Jährigen auch nicht nach seiner Kenntnis. Das einzige Kriterium, wonach in einer Demokratie entschieden werden kann, wer wählen darf und wer nicht, ist die Urteilsfähigkeit«, sagte Hurrelmann. Die Forschung zeige, dass sie zusammen mit der Reifeentwicklung immer früher einsetze.

Um die Verfassungsänderung durchbringen zu können, ist eine Zweidrittelmehrheit nötig. Das Netzwerk ist zuversichtlich, die nötigen 100 Stimmen zu bekommen und die Änderung noch vor der nächsten Abgeordnetenhauswahl im kommenden Jahr bewirken zu können. Neben Flyeraktionen und einem Jugendforum im November, wo rund 100 Jugendliche mit Abgeordneten über das Wahlrecht ab 16 diskutieren werden, befinde sich die Initiative im Gespräch mit Abgeordneten aller Parteien. »Wir haben positive Signale von der LINKEN, Grünen und SPD. Die FDP ist nicht gänzlich abgeneigt. Nur mit Stimmen von der CDU ist nicht zu rechnen«, meinte Michael Efler von Mehr Demokratie. Berlin müsse sich einen Ruck geben. Schließlich dürfen 16-Jährige in Bremen bereits auf Landesebene mitbestimmen.

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