nd-aktuell.de / 08.10.2010 / Wissen / Seite 16

Misstrauen in politische Versprechen

Udo Beckmann
Karikatur: Christiane Pfohlmann
Karikatur: Christiane Pfohlmann

79 Prozent der Bundesbürger glauben nicht, dass das Ziel einer Bildungsrepublik noch ernsthaft verfolgt wird. 84 Prozent der Bundesbürger sagen, von Bund und Ländern wird nicht genügend Geld zur Verfügung gestellt, damit Deutschland Bildungsrepublik werden kann. 96 Prozent wollen, dass bei Rückgang der Schülerzahl die Ausgaben für Bildung nicht entsprechend gekürzt werden. 70 Prozent sind dafür, einen absoluten Mindestbetrag für Bildung unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung zur Verfügung zu stellen. Diese Einschätzung treffen die Bundesbürger quer durch alle Altersgruppen, soziale Schichten und in allen Bundesländern.

Die Ergebnisse der forsa-Umfrage im Auftrag des VBE sind ein Beleg dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger die Trickserei der Politik durchschauen und ihren Ankündigungen in Sachen Bildung nicht mehr trauen. Selbst unter den Anhängern der Unionsparteien und der FDP bezweifeln inzwischen zwei Drittel, dass die Bildungsrepublik noch ernsthaftes Ziel ist.

Vor zwei Jahren rief die Bundeskanzlerin die Bildungsrepublik aus. Doch die jetzige Bundesregierung lenkt für Bildung avisierte Mittel zunehmend an freie Träger und private Einrichtungen. Das ist eine Folge des geltenden Kooperationsverbots zwischen Bund und Ländern im Bildungsbereich, denn der direkte Zufluss in die Länder darf nicht sein. In den Ländern herrscht Lehrermangel. Schulen werden geschlossen, Kindergartenplätze reichen nicht aus. Fakt ist: Von einer ausreichenden Bildungsfinanzierung sind wir Lichtjahre entfernt.

Die Bildungsrepublik muss ernsthaftes Ziel bleiben. Die Bildungschancen müssen von der sozialen Herkunft der Lernenden entkoppelt werden. Deshalb muss die Bildungsfinanzierung zugunsten der staatlichen Bildungseinrichtungen umgesteuert werden. Und es muss mehr Geld angefasst werden. Das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern für den Bildungsbereich muss fallen.

Der Autor ist Bundesvorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung (VBE).