Union pocht auf deutsche Leitkultur

SPD-Chef Gabriel verteidigt im Bundestag Äußerung von Bundespräsident Wulff / Bericht zur Lage der Ausländer

  • Lesedauer: 3 Min.
Die Debatte über Islam in Deutschland hat den Bundestag erreicht. Union gegen SPD und Grüne – soll der Islam wie die christlichen Religionen staatlich gefördert werden?
Das Spiel: Beim EM-Qualifikationsspiel heute gegen die Türkei (20.45 Uhr/ZDF) im ausverkauften Berliner Olympiastadion wird Joachim Löw das deutsche Team zum 60. Mal als verantwortlicher Bundestrainer betreuen.   Die Bilanz: In den 18 Begegnungen bisher gab es für das deutsche Team zwölf Siege, drei Unentschieden und drei Niederlagen. Den bislang letzten Vergleich gab es im Halbfinale der Europameisterschaft 2008. Deutschland gewann 3:2.   Die voraussichtliche Aufstellung: Neuer - Lahm, Mertesacker, Badstuber, Boateng - Khedira, Kroos - Müller, Özil, Podolski - Klose.
Das Spiel: Beim EM-Qualifikationsspiel heute gegen die Türkei (20.45 Uhr/ZDF) im ausverkauften Berliner Olympiastadion wird Joachim Löw das deutsche Team zum 60. Mal als verantwortlicher Bundestrainer betreuen. Die Bilanz: In den 18 Begegnungen bisher gab es für das deutsche Team zwölf Siege, drei Unentschieden und drei Niederlagen. Den bislang letzten Vergleich gab es im Halbfinale der Europameisterschaft 2008. Deutschland gewann 3:2. Die voraussichtliche Aufstellung: Neuer - Lahm, Mertesacker, Badstuber, Boateng - Khedira, Kroos - Müller, Özil, Podolski - Klose.

Berlin (dpa/AFP/ND). Die von Bundespräsident Christian Wulff entfachte neue Debatte über die Rolle des Islams in Deutschland schlägt weiter hohe Wellen. Im Bundestag reagierten Oppositionspolitiker am Donnerstag erstaunt über die unionsinternen Angriffe auf das Staatsoberhaupt. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer, unterstützte im Parlament die Ansicht Wulffs, dass der Islam heute zu Deutschland gehöre. »Multikulti ist gescheitert. Das ist die Wahrheit«, sagte sie zu früheren rot-grünen Positionen einer multikulturellen Gesellschaft.

Der Bundespräsident hatte am Tag der Einheit gesagt: »Das Christentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Das Judentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Das ist unsere christlich-jüdische Geschichte. Aber der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland.«

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel verteidigte Wulff gegen Kritik aus der Union. Wer einen aufgeklärten, nicht fundamentalistischen Islam wolle, müsse die Muslime auch in Deutschland ankommen lassen, sagte er der dpa. Gabriel reagierte damit auch auf Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU), der Wulffs Position als interpretationsbedürftig bezeichnet hatte. Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, sagte im Südwestrundfunk: »Irgendwann werden wir – vielleicht nicht in 10 Jahren, aber in 20, 30, 40, vielleicht 50 Jahren – von einer christlich-jüdisch-islamischen Kultur in Deutschland sprechen.«

Strikte Ablehnung aus der Union kam zu dem Vorschlag von SPD und Grünen, den Islam als Religionsgemeinschaft mit den christlichen Kirchen gleichzustellen. Dies verlangten der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz und der Grünen-Abgeordnete Memet Kilic in der »Neuen Osnabrücker Zeitung«. Als Körperschaft des öffentlichen Rechts haben anerkannte Religionsgemeinschaften einen höheren staatlichen Schutz und erhalten Kirchensteuer.

CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt nannte dies einen »fundamentalen Irrweg«. »SPD und Grüne müssen endlich lernen, dass Integration nicht über eine Aufweichung und Zurücksetzung unserer eigenen Leitkultur und Werteordnung laufen darf«, erklärte Dobrindt. »Wir müssen von den Migranten Respekt dafür einfordern, dass sie in Deutschland unsere Kultur vorfinden und dass diese die maßgebliche ist.«

Die Integrationsbeauftragte Maria Böhmer stimmte im Bundestag der Aussage zu, dass der Islam zu Deutschland gehöre. Zugleich betonte sie, Grundlage des Wertesystems und des Grundgesetzes bleibe die christlich-jüdische Tradition. »Und klar ist auch: Für einen radikalen Islam, der unsere Werte infrage stellt, ist kein Platz in unserem Land«, sagte Böhmer bei der Vorlage ihres Berichts zur Lage der Ausländer. Als eines der Probleme zitierte Böhmer aus dem Bericht, dass 13 Prozent der Migranten die Schule abbrechen würden, aber nur sieben Prozent der Schüler ohne Migrationshintergrund. Laut Böhmer gewinnt die Integration in Deutschland zwar an Fahrt. Aber »wir müssen an Tempo und Intensität zulegen«, sagte sie. Für Dezember kündigte Böhmer ein Gesetz zur raschen Anerkennung von ausländischen Abschlüssen an. Außerdem wolle sie Zwangsverheiratung zu einem Straftatbestand machen.

Der SPD-Politiker Olaf Scholz kritisierte im Parlament eine »Kluft zwischen Reden und Handeln« bei der Bundesregierung. Der Berliner Wirtschaftssenator Harald Wolf (LINKE) sagte, der Bundespräsident habe eine Banalität ausgesprochen. Er kritisierte die Mittelkürzung bei den Integrationskursen als »Integrationsverweigerung von Seiten der Bundesregierung«.

Foto: dpa/Stache

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal