Maschen aus Kohlenstoff

  • Steffen Schmidt
  • Lesedauer: 2 Min.

Bleistift und Klebestreifen kommen in der Forschung meist nur noch bei etwas antiquierter Erstellung von Artikeln zum Einsatz. Beim diesjährigen Nobelpreis für Physik wurden sie zur alles entscheidenden Laborausrüstung. Genauer: der Hauptbestandteil von Bleistiftminen, Graphit. Diese natürliche Variante reinen Kohlenstoffs besteht aus Milliarden übereinandergestapelter Schichten wabenförmig vernetzter Kohlenstoffatome (Bild: dpa). Soweit, so bekannt. Doch obwohl der kanadische Physiker Philip R. Wallace bereits vor rund 60 Jahren einige exotische Eigenschaften dieser »Graphen« genannten Schichten theoretisch voraussagte, scheiterte man lange bei der Isolation einzelner Graphen-Schichten. Chemische Methoden waren ebenso erfolglos wie aufwendige mechanische Versuche.

Erst die beiden im englischen Manchester forschenden aus Russland stammenden Physiker Andre Geim (51) und Konstantin Novoselov (36) fanden einen genial einfachen Weg: Sie zerbrachen Graphitstücke und drückten dann einen Klebestreifen auf beide Seiten. Dann zogen sie diesen wieder ab. Das wiederholten sie solange, bis nur noch atomdicke Schichten am Klebstoff hingen. Die Probe aufs Exempel machten sie, indem sie die Klebestreifen auf eine Siliziumdioxidscheibe abrollten. Wenn die Graphitschnipsel tatsächlich nur noch atomdick – also Graphen – waren, gab es ein bestimmtes Interferenzbild im Schräglicht.

2004 hatten sie Erfolg. Bei Messungen zeigte sich, dass das Material extrem zugfest und sehr hart ist. Trotz der minimalen Dicke ist das praktisch durchsichtige Graphen zudem gasdicht und ein guter elektrischer Leiter. In dem zweidimensionalen Kohlenstoffkristall bewegen sich Elektronen überdies schneller als in anderen bekannten Leitern. Die Hoffnungen in das neue Material belegen die inzwischen 4000 Arbeiten, die den damaligen »Nature«-Artikel von Geim und Novoselov zitieren. In diesem Sommer stellte ein südkoreanisch-japanisches Team eine Methode vor, größere Graphenstücke zu produzieren, die dereinst vielleicht die durchsichtigen Indium-Zinnoxidkontakte auf Bildschirmen ersetzen könnten.

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