Opposition wirft Senat Filz bei Howoge vor

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(dpa). Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) ist nach eigenen Angaben nicht frühzeitig über die problematische Geschäftspraxis der Wohnungsbaugesellschaft Howoge informiert worden. Der frühere Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) habe sein Wissen nicht an ihn weitergegeben, sagte Wowereit am Mittwoch. »Ich finde es außergewöhnlich, dass ein Finanzsenator, der für die Einhaltung haushaltsrechtlicher Bestimmungen zuständig ist, ein Landesunternehmen nicht stoppt, gegen die Regeln zu verstoßen. Dafür habe ich kein Verständnis«, kritisierte Wowereit. Ob Sarrazin Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) informiert habe, wisse er nicht.

Die Opposition forderte, die Verstrickung des Senats in die Affäre um die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Howoge aufzuklären. Sarrazin hatte Medienberichten zufolge in einem Brief eingeräumt, schon 2006 erfahren zu haben, dass die Howoge rechtswidrig Bauaufträge in Millionenhöhe ohne die vorgeschriebene Ausschreibung vergibt. Unter anderem gingen die Aufträge an die Baufirma des SPD-Abgeordneten Ralf Hillenberg. Er musste sein Abgeordnetenmandat niederlegen. Die Geschäftsführer der Howoge wurden entlassen und klagen nun dagegen. In seinem Brief an einen der beiden Ex-Geschäftsführer räumt Sarrazin jetzt ein, er sei 2006 informiert worden: »Ich habe diese Vorgehensweise der Howoge aus wirtschaftlichen Gründen zum Wohle der Gesellschaft und damit auch des Gesellschafters Land Berlin von Anfang an und uneingeschränkt gebilligt.«

Der CDU-Haushaltspolitiker Florian Graf verlangte »unverzüglich rückhaltlose Aufklärung«. Man könne davon ausgehen, dass auch Junge-Reyer von der Auftragsvergabe gewusst habe. Dass sich nichts dazu im Ergebnisprotokoll der damaligen Sitzung finde, sei bei informellen Gesprächen über illegale Vorgänge nicht ungewöhnlich.

Der Grünen-Finanzpolitiker Jochen Esser kritisierte: »Die Filzokratie bei den Wohnungsbaugesellschaften reicht bis in die politische Spitze von Rot-Rot.« Der »Vergabesumpf« sei nicht auf den Vorstand der Howoge begrenzt.

FDP-Fraktionschef Christoph Meyer wirft dem Senat vor, er habe das Parlament »vorsätzlich belogen«, weil er mehrfach abstritt, von der Vergabepraxis gewusst zu haben. Es müsse geklärt werden, ob es zumindest Gesprächsnotizen in den Akten gebe.

Die Howoge vermietet in östlichen Bezirken mehr als 50 000 Wohnungen, die meisten davon in Plattenbauten.

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