Wer rettet den Aal?

Europäische Art ist vom Aussterben bedroht

  • Thomas Pruß
  • Lesedauer: 3 Min.
Fossile Aale lebten schon vor 23 Millionen Jahren. Doch ein einziges Jahrhundert genügte, um den Europäischen Flussaal (Anguilla anguilla) an den Rand des Aussterbens zu treiben. Neben Wasserverschmutzung, Gewässerverbauung und eingeschleppten Parasiten ist es vor allem die übermäßige Fischerei auf Glasaale, die den Bestand des ansonsten so zähen Fisches dezimiert.

Kaum ein zweites Tier unternimmt derart weite Wanderungen von seinem Geburtsort in der Sargassosee (Meeresgebiet im Atlantik südlich der Bermudas) in die Flussgebiete an Atlantik und Mittelmeer und zum Laichen und Sterben wieder zurück in die Sargassosee. Und zumindest in Europa gibt es keinen Fisch, der in der Lage ist, Stauwehre und andere Wasserhindernisse über Land kriechend zu überwinden.

Die Fischer sind es, die seit jeher ein gutes Geschäft mit den Aalen machen: der Fisch ist grätenfrei und voll von gesundem Fischfett und schmeckt einfach nur gut, egal, ob geräuchert, gebraten oder in Aspik. Die Vorliebe der Gourmets für Aale ist völkerübergreifend. Geologische Katastrophen, Gewässerverbauung oder -verschmutzung: Nichts setzt dem Aal mehr zu als der Hunger der Menschen nach Genuss! China und Japan haben die Bestände pazifischer Aalarten derart dezimiert, dass sich deren Fang nicht mehr lohnt. Und so fischen vor den Küsten von Frankreich, Portugal und Spanien Kutter mit feinen Netzen die durchsichtigen, Glasaale genannten, Jungfische ab. Die werden dann in Konservendosen gepackt und verkauft. Das sind schon mal 220 winzige Aale in einer 100-g-Dose.

Die Glasaale, die der Dose entkommen sind, steigen als Gelbaale die Flüsse hinauf und sind dann Beute der Binnenfischer. Und nur jene Aale, die es in ihrem 8- bis 20-jährigen Leben schaffen, den Netzen der Fischer und den Haken der Angler zu entkommen, machen sich auf den Heimweg in die Sargassosee. Inzwischen sind das nur noch wenige. Leider ist es bis heute nicht gelungen, Aale zu züchten, so wie man es mit Forellen oder Karpfen tut. Jeder Aal, der im Kochtopf landet, ist ein Wildfang!

Auf europäischer Ebene wurden zum Aalerhalt etliche Maßnahmen eingeleitet. So wurde der Fang von Glasaalen stark eingeschränkt, ja sogar verboten und unter hohe Geldstrafen gestellt (was wenig nutzt, wenn asiatische Fabrikschiffe außerhalb der Hoheitsgewässer europäischer Staaten ihre Netze auswerfen). Zwar gibt es auch Schonzeiten und ein Mindestmaß für gefangene Aale, doch da Aale nur einmal – am Ende ihres Lebenszyklus – laichen, ist der Nutzen bescheiden.

Eine weitere Maßnahme ist der Besatz: Die Satzaale stammen jedoch meist aus Mästereien. Auch der Fang von Glasaalen, um sie flussauf wieder auszusetzen ist wegen der tödlichen Falle in Turbinen von Flusskraftwerken nur dort sinnvoll, wo den Aalen ein unverbauter Weg ins Meer offen steht.

Als »ultima ratio« der Schonmaßnahmen käme dann noch ein totales Fangverbot in Frage wie es z. B. schon am Oberrhein und am unteren Neckar besteht. Aber auch das ist inkonsequent, denn weiter flussauf und flussab darf weiter gefischt und geangelt werden. Das einzige europäische Land, das wirklich »Nägel mit Köpfen« gemacht hat, ist Norwegen: Dort gilt seit 2008 ein absolutes Aalfangverbot. Es ist nur ein Frage der Zeit, bis sich die multinationale Europäische Union ebenfalls zu einem solchen Verbot zusammenraufen muss. Hoffentlich ist es dann noch nicht zu spät für den Aal.

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