Förderprogramm für Klugscheißer

Hamburger Linkspartei verlangt bessere Ausstattung der Kitas

  • Rainer Kreuzer, Hamburg
  • Lesedauer: 3 Min.
In Hamburg gibt es viel Unzufriedenheit mit der Familienpolitik des schwarz-grünen Senats. Vor allem die Erhöhung des Kita-Gebühren wird vielfach kritisiert. Die LINKE fordert einen radikalen Kurswechsel.

Die Linksfraktion in der Hamburger Bürgerschaft mobilisiert gegen die Gebührenerhöhungen für die Kindertagesbetreuung. Auf einer Kita-Konferenz am Wochenende forderte Bürgerschaftsabgeordneter Mehmet Yildiz eine »gebührenfreie, über Steuern finanzierte Bildung für alle von der Kita bis zu der Uni«. Auch Gewerkschaften, der Landeselternausschuss, Betriebsräte und Erziehungswissenschaftler beteiligten sich an der Veranstaltung mit dem Titel »Klugscheißer früh fördern«.

100 Euro mehr

Hintergrund der Diskussion ist die Erhöhung der Kita-Gebühren seit dem Ende der Sommerferien. Der Spitzenbeitragssatz stieg um 100 auf 496 Euro pro Monat, das zusätzliche Essensgeld von 13 auf 21 Euro. Damit hatte sich der Senat aus CDU und grüner GAL bereits im Frühjahr, als die Pläne bekannt wurden, breite Proteste seitens der 70 000 betroffenen Eltern eingehandelt. Zugleich verschob der Senat den im Koalitionsvertrag vorgesehenen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz für zweijährige Kinder auf 2013.

Mit diesen Entscheidungen habe die schwarz-grüne Regierung eine Abkehr von ihrer zu Beginn versprochenen Familienpolitik vollzogen, kritisiert die LINKE. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Kind und Karriere sollte gefördert werden, hatten die Koalitionäre versprochen. Vor allem die GAL hatte im Wahlkampf auf »Bildung von Anfang an« gesetzt und damit gerade junge Familien für sich zu überzeugen versucht.

Doch seitdem die Gebühren erhöht wurden, ist bei den Eltern vielerorts die Enttäuschung über GAL und CDU groß. Selbst Hamburger in eher konservativen Milieus wünschen sich in Hamburg eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Der Landeselternausschuss, der die Mitwirkung der Eltern in den Kitas vertritt, startete bereits im September die Volksinitiative Kita-HH. Mit diesem direktdemokratischen Instrument soll der Senat dazu gezwungen werden, eine sechsstündige Tagesbetreuung für alle Kinder ab zwei Jahren kostenfrei bereit zu stellen. Auch die Erhebung von Pauschalbeiträgen wie etwa für das Essen sollen entfallen, fordern die Initiatoren. Die Linksfraktion geht dabei noch einen Schritt weiter: »Die LINKE ist grundsätzlich gegen Gebühren, denn Gebühren behandeln Ungleiches gleich und eine so ausgerichtete Politik sorgt dafür, dass die Gesellschaft immer weiter auseinander fällt«, argumentierte der Abgeordnete Yildiz.

Die Schatten der HSH

Yildiz verwies auf die Belastung von Familien, die von Hartz IV leben. Für die Mindestgebühren in der Kita und das Verpflegungsgeld müssten diese schon etwa ein Viertel des Regelsatzes für das Kind aufwenden. »Was für die Familien harte Einschnitte bedeuten, sind haushaltspolitisch gesehen Peanuts.« Mit den zusätzlichen Belastungen würden die Zinsen für die Fehlspekulationen bei der HSH Nordbank finanziert werden.

An der aktuellen, bundesweiten Bildungsdiskussion bemängelten die LINKEN, dass sich diese einseitig auf die schulische Bildung reduziere, die frühkindliche Entwicklung hingegen vernachlässigt werde. Dabei sei aber gerade die frühe Förderung entscheidend. Deshalb dürfe »die Ausstattung des Kitas keine Frage der aktuellen Haushaltslage sein«, forderte Fraktionsvorsitzende Dora Heyenn von der Linkspartei. Ihre Fraktion will über die Konferenz vom Wochenende hinaus ihre Kampagne für eine gebührenfreie Kita mit weiteren Aktionen fortsetzen.

Neues Gesetz

Erfurt (dpa/ND). Die Rechtsverordnung zu Thüringens neuem Kindertagesstätten-Gesetz ist fertig. Bildungsstaatssekretär Roland Merten sagte dem MDR, die Verordnung werde in der kommenden Woche den Trägern von Kindergärten, kommunalen Spitzenverbänden, dem Landtag und den Gewerkschaften zugestellt. Diese hätten dann drei Wochen Zeit, um sich zu äußern. Die Bestimmungen regeln die räumliche Ausstattung der Kitas, die Gruppengrößen und deren Zusammensetzung sowie die Rechte der Elternbeiräte.

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