Nur einer redet vom Aufstieg

Der Neuanfang in Liga drei gelingt Hansa Rostock bislang gut, selbst das 2:2 in Dresden stimmt zufrieden

  • Christian Heinig
  • Lesedauer: 3 Min.

Für große Taten auf dem Rasen ist Björn Ziegenbein gern zu haben, vor großen Worten hingegen hütet er sich. Und mit letzterem ist er nicht allein beim Klub von der Ostsee. Kaum unternimmt nämlich mal wieder ein gewiefter Reporter den Versuch, einen Akteur von Hansa Rostock auf die Fährte zu locken, es sei für den Absteiger doch allmählich an der Zeit, öffentlich den Angriff auf den sofortigen Wiederaufstieg in Liga zwei kundzutun, erhält er mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit einen Korb.

Das musste am Sonnabend auch der Reporter des NDR erfahren. Die Rostocker hatten 2:2 bei Dynamo Dresden gespielt, erst in der 86. Minute war Mittelfeldspieler Ziegenbein mit einem feinen Volleyschuss der Ausgleich zum Remis geglückt. Hansa ist nach dreizehn Spieltagen Dritter der dritten Liga, mit drei Punkten Rückstand auf Spitzenreiter Offenbach. Und? Nichts und. »Man kann nicht sagen, dass wir schon konstant gut spielen«, erklärte Björn Ziegenbein mit ernster Miene, »wir müssen weiter jede Woche Gas geben.«

Die dritte Liga ist für den FC Hansa ein neues Kapitel in der 45-jährigen Vereinsgeschichte. Vor der Saison hat man 20 Spieler aussortiert, und man muss sparen. »Wir mussten hier erstmal einen Scherbenhaufen zusammenkehren«, erinnert sich Trainer Peter Vollmann. »Man hat uns eine marode Firma hinterlassen.« Mit »uns« meint Vollmann sich sowie Vorstandschef Bernd Hofmann und Manager Stefan Beinlich, alle drei sind neu in Rostock. Vor ihnen liegt die Aufgabe, den Klub von Grund auf zu sanieren, und gelingt dies im Beisein von sportlichem Erfolg, umso besser für die drei.

Bislang läuft dieser Neuanfang überraschend gut. Die neu zusammengestellte Mannschaft wirkt bereits äußerst homogen, das zeigte sich auch bei der Partie in Dresden, in der beide Teams druckvoll nach vorn spielten. Talente aus dem eigenen Nachwuchs wie Kevin Pannewitz und Tobias Jänicke, im Angriff wirbelt Marcel Schied. Gegen Dresden besorgte er das 1:0, bereits der siebte Saisontreffer für den 27-Jährigen, der einst in der Hansa-Jugend kickte.

Zwischenzeitlich sah es für die Rostocker in Dresden sogar nach einer Niederlage aus, erst traf Alexander Esswein (29.) zum Ausgleich, kurz nach der Pause drehte Gerrit Müller (48.) für Dynamo die Partie. Doch dann hatte Björn Ziegenbein, 24, der vor Saisonbeginn von Ligakonkurrent Wehen Wiesbaden an die Ostsee kam, seinen großen Auftritt. Auch er hat bereits sechsmal getroffen. »Ein verdienter Punktgewinn«, befand Matchwinner Ziegenbein.

Es geht aufwärts. Stefan Beinlich traut sich inzwischen sogar, konkrete Ziele zu formulieren. Er sagt: »In den nächsten zwei Jahren wollen wir aufsteigen«. Irgendwann, so seine Hoffnung, soll es mit der Bundesliga auch wieder die ganz große Bühne sein, wo sich Hansa einst zehn Jahre am Stück hielt.

Bei allem Positiven, ein klares Minus müssen die Verantwortlichen bei ihrem Versuch verzeichnen, das Image des Klubs aufzupäppeln. Man hat mit der Kampagne »Nur unsere Herzen sollen schlagen« ein Zeichen gegen Gewalt und für ein friedliches Miteinander gesetzt. Einem Teil der Fans scheint das jedoch gleich zu sein. Vor dem Anpfiff flogen im Rudolf Harbig Stadion, das mit 29 000 Zuschauern ausverkauft war, gleich mehrfach aus der Rostocker Kurve Feuerwerkskörper auf das Spielfeld. Daraufhin wurde die Partie erst mit wenigen Minuten Verspätung angepfiffen. »Es ist sehr enttäuschend«, sagte Beinlich, »es sollte eigentlich ein Fußballfest werden.« Tausend Polizisten und sechs Polizeihubschrauber hatten das Derby gesichert.

Hansa steht beim DFB wegen ähnlicher Vorfälle bereits unter Beobachtung, erst kürzlich gab es eine Geldstrafe in Höhe von 10 000 Euro wegen wiederholten Abbrennens von Feuerwerkskörpern. Nun droht sogar ein Geisterspiel. »Das hilft keinem weiter«, meinte Ziegenbein. Er mag es, wie all seine Kollegen, vor Fans zu spielen. Als »einmalig« befand Kollege Schied die Atmosphäre in Dresden, die Pyrotechnikattacken einmal ausgeblendet. »Eine super Kulisse, dafür spielt man Fußball.«

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