Streit um Gentech-Lachs in USA

Forscher fordern umfassende Prüfung / Interessen der Gesellschaft beachten

  • Walter Willems
  • Lesedauer: 2 Min.
Eine Zulassung wäre ein Präzedenzfall von enormer Tragweite: Als erstes genetisch verändertes Tier könnte in Kürze ein Lachs für den menschlichen Verzehr freigegeben werden. Derzeit prüft die US-Lebensmittelbehörde FDA, ob der Genuss der transgenen Fische Gefahren für die Verbraucher birgt. Aber Umweltforscher drängen im Fachblatt »Science« (Bd. 330, S. 1052) auf eine umfassendere Analyse. Vor einer Entscheidung müsse die Behörde sämtliche Vor- und Nachteile für Mensch und Umwelt sorgfältig abwägen, mahnen sie.

Das patentgeschützte Geschöpf trägt den Namen AquAdvantage: Dahinter verbirgt sich ein Atlantischer Lachs, der zwei Gene von anderen Fischen trägt – vom Königslachs und von dem barschartigen Fisch Zoarces americanus. Die Erbanlagen sollen die Bildung von Wachstumshormonen ankurbeln und die Zeit bis zur Schlachtreife beschleunigen, von gewöhnlich drei Jahren auf rund 16 Monate. Zur Prüfung vergleicht die FDA derzeit den Nährstoffgehalt von natürlichem Lachs und seinem transgenen Artgenossen – vor allem mit Blick auf Giftstoffe und Allergene.

Diese Prüfkriterien seien allerdings bei weitem nicht ausreichend, monieren die Wissenschaftler um den Umweltökonomen Martin Smith von der Duke Universität in Durham im Staat North Carolina. Die Behörde lasse damit sowohl potenzielle Vorteile wie auch etwaige Probleme außer Acht, die Verzehr und Zucht dieser Fische mit sich bringen könnten.

Man dürfe nicht nur die Sicherheit einer einzelnen Portion Fisch prüfen, sondern müsse bewerten, »ob die Gesellschaft insgesamt mit dem neuen Produkt besser dran ist als ohne es«, schreiben die Wissenschaftler. »Geringere Preise für Lachs hätten einen klaren Nutzen für die öffentliche Gesundheit«, erläutert Smith. »Verbraucher hätten günstigeren Zugang zu gesundem Eiweiß und Omega-3-Fettsäuren, deren Nutzen gut belegt ist.«

Auf der anderen Seite der Bilanz stehen etliche Risiken: Dazu zählen etwa die Verschmutzung durch Lachsfarmen, Fischkrankheiten oder der Fang von Fischen als Lachsfutter. Zudem könnten die transgenen Fische aus ihren Tanks ausbüchsen und in der Wildnis mit wilden Artgenossen konkurrieren oder sich gar mit ihnen kreuzen. Dies soll dadurch ausgeschlossen werden, dass es sich bei AquAdvantage durchweg um sterile weibliche Tiere handelt, die laut FDA im Falle einer Genehmigung ausschließlich auf dem Festland gezüchtet werden dürften.

Die FDA prüfe mit ihrem gegenwärtigen Vorgehen nur einen winzigen Teil der möglichen Folgen, mahnen die Forscher eindringlich. »Die Zulassung von genetisch verändertem Lachs wird ein wichtiger Präzedenzfall für andere transgene Tiere, die zum menschlichen Verzehr bestimmt sind«, betont Smith. »Es ist notwendig, dass die FDA einen Zulassungsprozess einleitet, der das volle Einflussspektrum bewertet und gewährleistet, dass die Entscheidung dem Interesse der Gesellschaft entspricht.«

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