nd-aktuell.de / 29.11.2010 / Kultur / Seite 15

MOSEKUNDS MONTAG

SCHWERER SCHOCK

Wolfgang Hübner
Als Herr Mosekund wegen einer harmlosen Vorsorgeuntersuchung, deren Sinn er innerlich bezweifelte, im Wartezimmer eines Arztes saß, blätterte er in einer Zeitschrift. Plötzlich war er wie vom Donner gerührt: »Skepsis dritthäufigste Todesursache«, las er. Da stand etwas von schwerer Skepsis, von skeptischem Schock bis hin zu Organversagen, schwerer Erkennbarkeit, oft zu später Diagnose. Herr Mosekund, der praktisch dem ganzen Leben skeptisch gegenüberstand, fühlte sich sofort unwohl. »Untersuchen Sie mich«, befahl er keuchend dem Arzt und hielt ihm den Artikel hin. »Ich kann nichts finden, Sie sind kerngesund«, sagte der Arzt schließlich. Herr Mosekund wollte sich beschweren, als sein Blick noch einmal auf die Zeitschrift fiel: Nicht Skepsis stand da, sondern Sepsis. Mein Gott, dachte er, man kann gar nicht skeptisch genug sein.